KOMMENTAR

Antiquierter Männer-Club

Als ob die große Koalition in Berlin nicht schon genug Konfliktpotenzial hätte, bahnt sich ein neuer Streit an. Die Ministerinnen für Familie und Justiz, Franziska Giffey und Christine Lambrecht, arbeiten an einem Gesetz für eine verbindliche...

Antiquierter Männer-Club

Als ob die große Koalition in Berlin nicht schon genug Konfliktpotenzial hätte, bahnt sich ein neuer Streit an. Die Ministerinnen für Familie und Justiz, Franziska Giffey und Christine Lambrecht, arbeiten an einem Gesetz für eine verbindliche Frauenquote im Vorstand. Den SPD-Politikerinnen schlägt bereits Widerstand aus der Union entgegen. Giffey und Lambrecht hatte es schon im November aufgebracht, dass rund 70 % der börsennotierten oder paritätisch mitbestimmten Unternehmen eine Zielgröße von “null” für den Vorstand definieren. Dies ist rechtlich erlaubt, war aber nicht Intention des Gesetzgebers, als 2016 die Geschlechterquote in Aufsichtsräten verbindlich gemacht wurde. Die Vorgabe von mindestens 30 % wird dort mittlerweile erfüllt, je nach Betrachtung in Unternehmensgruppen auch übererfüllt. Nur der Finanzsektor hinkt mit Abstand hinterher.Die Ergebnisse der neuesten Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstitutes DIW zur Präsenz von Managerinnen im Vorstand sind Wasser auf die Mühlen der Quotenverfechterinnen in der SPD. Die Marke von 10 % der Frauenquote im Vorstand ist geknackt – aber bei allem Frohlocken über die Dynamik des Zuwachses von mehr als einem Prozentpunkt ist der Anteil noch traurig gering. Die Forscherinnen kommen auch zum Schluss, dass gesetzliche Quoten indirekt helfen, etwa wenn Frauen im Aufsichtsrat Männern beibiegen, wie mehr Frauen in die Vorstände gelangen. Rechtlich ist es deutlich schwieriger, verbindliche Ziele für Vorstand und Geschäftsführung gesetzlich festzulegen. Die in der Verfassung garantierten Freiheits- und Eigentumsrechte stehen dem entgegen – und dies aus gutem Grund. Nicht das Geschlecht oder andere Kriterien sollten darüber den Ausschlag geben, wie und von wem ein Unternehmen geführt wird. Auch ist es deutlich schwieriger, Quoten in kleineren Gremien, wie es der Vorstand im Vergleich zum Aufsichtsrat ist, zu etablieren.Der Zeitgeist ist aber ein anderer. Genderfragen stehen auf der politischen Agenda. Wenn sich Unternehmen selbst nicht schneller bewegen, dürften sie vom Gesetzgeber wieder überrollt werden. Freiwillige Selbstverpflichtungen sind kein Instrument, um missliebige Entwicklungen abzuwehren. Sie geben Raum für Gestaltung auf dem Weg zum Ziel. Die Forscherinnen des DIW haben die Anregungen gesammelt, wie der Aufsichtsrat zielgerichtet für mehr Frauen im Vorstand sorgen kann. Die Zeit eilt. Und sicher ist: Nur dumme Männer erkennen den Zeitgeist nicht.