LEITARTIKEL

Auf dem Rückzug

Osram, Scout24 und, und, und - in rosigen Farben hatten Investmentbanker den Trend zum Rückzug von der Börse in Frankfurt ausgemalt. Finanzinvestoren mit prall gefüllten Fonds könnten die Unternehmen abseits der Börse viel besser umbauen und auf...

Auf dem Rückzug

Osram, Scout24 und, und, und – in rosigen Farben hatten Investmentbanker den Trend zum Rückzug von der Börse in Frankfurt ausgemalt. Finanzinvestoren mit prall gefüllten Fonds könnten die Unternehmen abseits der Börse viel besser umbauen und auf Profit trimmen. Die holprige Wegstrecke bis zur Akquisition des Pharmakonzerns Stada schien vergessen, auch MDax-Unternehmen mit hohem Streubesitz ließen sich übernehmen, lautete die Devise. Doch erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Statt MDax-Unternehmen zu erwerben und von der Börse zu nehmen, sind Finanzinvestoren, die solche Transaktionen versuchen, selbst auf dem Rückzug. Oder, um es euphemistisch auszudrücken: Die Lernkurve ist gestiegen.Denn “P2P”, Public to Private, ist in Deutschland alles andere als ein Sonntagsspaziergang. So sind Blackstone und Hellman & Friedman mit ihrem (erneuten) Übernahmeversuch von Scout24 für 4,9 Mrd. Euro Börsenwert gescheitert. Das Angebot war zu niedrig. Osram geht aller Voraussicht nach an die österreichische AMS; hier hatten die Finanzinvestoren Bain und Carlyle das Rennen eröffnet, wobei dann Carlyle im Verlauf Advent Platz machte. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky biss mit der Offerte für Metro im Volumen von 5,8 Mrd. Euro auf Granit. Geflogen sind allein Deals mit Unternehmen, die große Anteilseigner haben. Bei Springer agierte KKR Hand in Hand mit der Großaktionärin und bei VTG hatte ein Fonds von Morgan Stanley schon ein starkes Paket, bevor er das Angebot lancierte und dann den Schienenlogistiker via Delisting von der Börse nahm. Denselben Weg schlägt der Fonds nun beim Windparkbetreiber PNE ein. Es gibt eine Reihe von Gründen für die Schwierigkeiten von Finanzinvestoren bei P2P in Deutschland. An einen immer wieder genannten Hindernisgrund, das zweistufige System aus Vorstand und Aufsichtsrat, müsste sich Private Equity inzwischen längst gewöhnt haben. Wer diese Governance nicht versteht, sollte die Finger von solchen Deals lassen. Das gilt auch für die Mitbestimmung: Osram zeigt, dass Arbeitnehmervertreter durchaus für Finanzinvestoren sind, die ja keine Kostensynergien realisieren können. Doch geht es um eine öffentliche Übernahme, ist die Struktur eine ganz andere als bei ansonsten üblichen Auktionen: Es handelt ich um eine sehr begrenzte Zahl von Bietern – im Idealfall nur einen – und die Zielgesellschaften stellen über Ad-hoc-Mitteilungen mehr Transparenz her, als Private Equity lieb ist. Vor allem aber benötigen sie für Buy-outs in aller Regel einen erheblichen Einsatz von Fremdfinanzierung – wie aber kann dafür die Besicherung bestellt werden? Schließlich kann der Vorstand nicht vor dem Durchmarsch ins Boot geholt werden. Das erschwert auch die intensive Prüfung der Bücher. Und wie gelingt dann der Debt-Push-down, also die Verlagerung der Fremdfinanzierung auf die Zielgesellschaft? Hinzu kommen vor allem die Besonderheiten des deutschen Übernahmerechts, das mit dem Minderheitenschutz im “Backend Game” dem Erpressungspotenzial von Hedgefonds Tür und Tor öffnet. Der Bieter weiß nie, wie viel er am Ende eines Prozesses hält – und was es ihn kostet. Für Stada mussten Bain und Cinven für den letzten Rest eine Prämie von 20 % auf den Angebotspreis drauflegen. Das Spiel mit den 75 % für den Abschluss des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags, der Zugriff auf den Cash-flow sichert, ist riskant. Und teuer. Bislang läuft es für die Hedgefonds nach der Devise: Bei Kopf gewinne ich, bei Zahl verlierst du. Klar ist, dass die rechtliche Komplexität dazu führt, dass jeder Deal anders ist und es keine Regel für die Höhe der Mindestannahmeschwelle gibt – es sei denn, die finanzierenden Banken schreiben die Höhe vor. Private Equity hat hierzulande zwar weit weniger Erfahrung mit P2P als in anderen Ländern, doch mit Douglas, Stada, GfK, WMF oder Techem sowie Investments wie ProSieben und Hugo Boss ist eine gewisse Basis vorhanden. Die Fonds haben indes keinen so langen Atem wie “Strategen”, etwa AMS oder Fortum bei Uniper. Private-Equity-Fonds benötigen schließlich Management-Kapazitäten für weitere Deals. Und sie müssen die Finanzierung des Zielunternehmens zügig umstellen. Aktivisten-Störfeuer, Anfechtungsklagen und lange Freigabeverfahren sind da hinderlich. Eine längere Haltezeit drückt zwar die Rendite, ist aber in Zeiten, in denen Geld nichts kostet, zu verkraften, liegt doch die Verzinsung auch nach Abstrichen weit über dem, was andere Assetklassen abwerfen. Insofern könnte das nächste Jahr doch noch den einen oder anderen Deal bringen.——Von Walther Becker Private Equity gelingen weniger Übernahmen börsennotierter Unternehmen als erwartet. Da steigt die Lernkurve für Finanzinvestoren. ——