KommentarSiemens Energy

Auf der Suche nach frischem Kapital

Der Konzern Siemens Energy braucht schrittweise sein Kapital auf. Das Vertrauen ist bereits futsch, nun gerät das pekuniäre Kapital in den Fokus.

Auf der Suche nach frischem Kapital

Siemens Energy

Auf der Suche nach frischem Kapital

Von Michael Flämig

Siemens Energy benötigt nicht nur frisches
Vertrauenskapital, sondern echtes Geld.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat für den 8. November einen Wohlfühl-Termin im Kalender stehen. Am frühen Nachmittag will er mit Siemens-Energy-Chef Christian Bruch die neue Elektrolyseur-Fertigung des Unternehmens in Berlin eröffnen. Scholz und Bruch müssten aber eigentlich über andere Themen reden. Die Energiewende ist teuer, und sie zahlt sich bisher auch für die Hersteller von Windrädern & Co. kaum aus.

Siemens Energy braucht nun sogar staatliche Bürgschaften, um die Auftragsflut in geordnete Bahnen der Produktion zu lenken. Die Banken ziehen sich zurück, und auch die ehemalige Mutter Siemens baut ihre Milliarden-Garantien ab. Garantien sind in diesem Geschäft jedoch notwendig, um die Fertigung zu stemmen.

Die Investoren haben mit einer Massenflucht reagiert. Der Aktienkurs sank am Donnerstag in der Spitze um fast 40%, und am Ende stand immer noch ein Minus von 35% zu Buche. Drastischer fällt eine Ohrfeige für einen Dax-Wert selten aus.

Die Reaktion der Anleger ist verständlich. Hiobsbotschaften haben das Vertrauenskapital des Vorstands aufgebraucht. Bruch & Co. müssten dringend eine Auffrischung liefern. Dennoch ist der Kursrutsch übertrieben. Eine Marktkapitalisierung von 5,6 Mrd. Euro ist nicht nur vom Rechenstift, sondern auch von Ängsten getrieben.

Denn: Siemens Energy hat keinerlei Liquiditätsprobleme. Der Konzern ruft nicht nach Staatsknete im eigentlichen Sinn, sondern benötigt Bürgschaften. Derlei Garantien gehören schon immer zum Geschäftsmodell, und historisch gesehen sind sie nicht im relevanten Umfang eingelöst worden.

Alles in Butter also? Natürlich nicht. Dass der Energy-Vorstand nach dem Rückzug der Siemens AG die Milliarden-Garantien nicht einfach von den Banken abrufen kann, zeigt bereits, wie schlecht zuletzt die Geschäftsentwicklung war. Die hohen Verluste zehren nicht nur am Rating, sondern auch an der Finanzbasis. Sie ist nicht alarmierend niedrig, aber eben auch nicht gut.    

Siemens Energy benötigt irgendwann nicht nur frisches Vertrauenskapital, sondern echtes Geld. Hier liegt das eigentliche Problem. Die extrem niedrige Bewertung limitiert den potenziellen Erlös. Der Großaktionär Siemens will sich nicht engagieren. Ein grundsätzlich denkbarer Einstieg großer ausländische Anteilseigner würde sicherlich nicht überall gerne gesehen sein.

Die Siemens AG betont mit Blick auf die Garantien, die Interessen der eigenen Aktionäre wahren zu müssen. Ob sich dies grundsätzlich durchhalten lässt angesichts der Bedeutung der Energietechnik-Industrie und eines kriselnden Unternehmens mit „Siemens“ im Namen, wird sich weisen.

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