KommentarLufthansa

Aufräumen im Gemischtwarenladen

Durch die Verkäufe fokussiert sich Lufthansa auf das reine Fluggeschäft mit Passagieren und Fracht, die Komplexität im Konzern ist aber kaum weniger geworden. Außerdem sucht man nach wie vor einen klaren strategischen Fokus.

Aufräumen im Gemischtwarenladen

Lufthansa

Kerngeschäft
gesucht

Von Lisa Schmelzer

Durch die Verkäufe konzentriert sich Lufthansa auf das reine Fluggeschäft mit Passagieren und Fracht, die Komplexität im Konzern ist aber kaum weniger geworden.

Die Lufthansa hat in ihrer Geschichte strategisch schon manche Volte geschlagen. Jahrzehntelang verfolgte man die Strategie, einen Aviation-Konzern mit diversen Geschäftsfeldern aufzubauen, um sich krisenfester aufzustellen. Dass verschiedene Aktivitäten wirtschaftlich Sinn machen, zeigte sich zuletzt in der Pandemie: Während das Passagierfluggeschäft am Boden lag, florierte das Frachtgeschäft. Allerdings ist die Komplexität im Konzern über die Jahre gewachsen, weshalb Lufthansa-Chef Carsten Spohr seit seinem Amtsantritt vor neun Jahren die Fokussierung auf das Flugsegment vorantreibt. Die Cateringsparte wurde abgestoßen, nun wurde mit der SEB Kort Bank ein Käufer für den Zahlungsdienstleister Airplus gefunden. Vorgesehen ist zudem die Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung an der Lufthansa Technik, zu der es aber vermutlich nicht vor 2024 kommen wird.

Durch die Verkäufe fokussiert sich das MDax-Unternehmen zwar nun auf das reine Fluggeschäft mit Passagieren und Fracht, die Komplexität im Konzern hat aber kaum abgenommen. Kurzstrecke, Mittelstrecke, Langstrecke, Ferienfliegerei, Geschäftsreisen, alles abgewickelt mit diversen Airlines – mit Tarifverträgen oder ohne – in unterschiedlichen Ländern von demnächst sechs oder sieben Drehkreuz-Flughäfen. Zuletzt kam mit Italiens ITA eine weitere Fluglinie dazu, Gespräche mit der zum Verkauf stehenden TAP aus Portugal werden folgen. Die Integration jeder neuen Airline bindet Kapazitäten im Konzern, die an anderer Stelle fehlen – zumal, wenn es sich wie bei ITA um einen Verlustbringer handelt, der eingebunden werden soll.

Ein klarer strategischer Fokus ist da nicht zu erkennen. Eigentlich dachte man, dieser Fokus liege auf den Geschäftsreisenden in den Premiumklassen auf Langstrecken, denn mit ihnen wurde jahrelang ein Großteil des Ergebnisses erwirtschaftet. Doch seit der Pandemie ist dieses Geschäft schwieriger geworden, während sich die Nachfrage nach Urlaubsreisen sehr schnell erholt hat. Noch ist nicht klar, wo die Reise hingeht. Erholt sich das Geschäftsreisesegment gänzlich von der Pandemiedelle? Wirkt sich die hohe Inflation doch irgendwann dämpfend auf die private Reisenachfrage aus? Insofern ist es zwar verständlich, dass Lufthansa gerade auf möglichst vielen Hochzeiten tanzen will. Mittel- und langfristig wird sie sich aber entscheiden müssen, wo genau ihr Fokus liegt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.