LeitartikelBosch

Zwischen Tradition und Rendite

Als kapitalstarker Branchenprimus hat Bosch die besten Chancen für den Wandel zur Elektromobilität. Doch die Größe birgt auch Nachteile.

Zwischen Tradition und Rendite

Bosch

Zwischen Tradition und Rendite

Von Joachim Herr

Branchenprimus Bosch hat beste Chancen für den Wandel zur Elektromobilität. Doch Größe birgt auch Nachteile.

Stefan Hartung lässt keinen Zweifel an der Bedeutung des Ziels: Im Jahr 2026 will Bosch endlich die für den Technologiekonzern geradezu magisch gewordenen 7% erreichen. So hoch soll dann die Umsatzrendite vor Zinsen, Steuern und Kaufpreisallokationen sein. Zuletzt wurde dieser Wert 2018 erreicht. Für den Vorsitzenden der Geschäftsführung und das Unternehmen geht es nicht um das bloße Erreichen einer Vorgabe. Als Stiftungskonzern steht Bosch auch nicht unter dem Druck von Investoren, muss den Geschäftserfolg nicht am Aktienkurs und Quartalsberichten messen lassen.

Das Unternehmen will jedoch die Chance wahren, Forschung, Entwicklung und Investitionen mit der eigenen Finanzkraft zu stemmen. So will Bosch wettbewerbsfähig bleiben und wachsen. In einer Transformationsphase hält Hartung Wachstum für besonders notwendig, da die neuen Produkte materialintensiver sind und weniger eigene Wertschöpfung enthalten. In Zahlen ausgedrückt: Mit einem operativen Ergebnis von 4,8 Mrd. Euro im vergangenen Jahr fehlten Bosch auf Basis des Umsatzes von knapp 92 Mrd. Euro 1,6 Mrd. Euro, um eine Umsatzrendite von 7% zu erreichen. Diese 1,6 Mrd. Euro entsprechen immerhin 22% des Forschungs- und Entwicklungsaufwands im vergangenen Jahr oder 29% der Investitionen.

Der Mittelstand kämpft

Verglichen mit dem Geschäft der vielen kleinen und mittleren Autozulieferer in Deutschland sind das gewaltige Summen. Als Umsatzstärkster der Branche in der Welt hat Bosch erhebliche Vorteile und gute Chancen, um sich ganz vorn zu behaupten und den Wandel zur Elektromobilität zu bewältigen. Doch die Größe mit zusätzlichen Geschäftssegmenten birgt auch Nachteile.

Für etliche mittelständische Autozulieferer geht es derzeit ums Überleben – nicht nur wegen der Konjunkturschwäche. Finanzierungen sind teurer geworden, und Banken haben die Konditionen für Kredite verschärft. Allgaier, Eissmann und SD Automotive Solutions haben es nicht geschafft. Diese Unternehmen gehören zu den bekannteren Insolvenzfällen der vergangenen Monate.

Hohe Eigenkapitalquote

Besondere Schwierigkeiten haben Firmen, die spät oder halbherzig die Transformation angegangen sind oder nur einfache Produkte mit niedrigen Margen anbieten wie Blech- und Spritzgussteile. Zudem müssen die kleineren Unternehmen aufgrund der geringeren Menge häufig auf Skaleneffekte verzichten. Viele sind von einigen wenigen Kunden abhängig. Deshalb fehlt ihnen die Marktmacht, um die höheren Kosten für Energie, Rohstoffe und Komponenten weiterzugeben.

Bosch und andere Große wie ZF und Continental können anders auftreten. Bosch wuchert zudem mit einer Eigenkapitalquote von zuletzt gut 44% und platzierte vor knapp einem Jahr ohne Schwierigkeiten die bisher größte Anleihe: Aufgrund der starken Nachfrage wurde das Emissionsvolumen kurzerhand von 3 Mrd. auf 4,5 Mrd. Euro erhöht.

Abstriche eines Konglomerats

Doch Bosch muss als Konglomerat Abstriche an der Profitabilität hinnehmen. Branchenanalysen zeigen, dass Unternehmen, die sich auf Produkte wie Batterien und Software mit relativ hohen Margen spezialisieren, profitabler und wendiger sind als die Dickschiffe. Das über die dominierende Automobiltechnik hinaus weit gefächerte Produktportfolio von Bosch reicht von Industrie-, Energie- und Gebäudetechnik bis zu Elektrowerkzeugen, Kühlschränken und Waschmaschinen. Der Investitionsbedarf ist deshalb hoch: nicht nur für Zukunftstechnik, sondern auch für das bisherige Stammgeschäft – etwa für Verbrennungsmotoren. Es ist daher erforderlich, sich immer wieder einmal von margenschwachen Sparten zu trennen.

Bosch kämpft zudem mit hausgemachten Problemen: Die erheblichen Startschwierigkeiten in der Produktion der 48-Volt-Batterie für Mercedes-Benz belasten das Image und die Rendite. Und Bosch steht vor dem Abbau Tausender Stellen. Die Geschäftsführung wandelt hier auf dem Grat zwischen der vom Gründer Robert Bosch gepflegten Sozialpartnerschaft und der Notwendigkeit, mit einer ausreichenden Profitabilität Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Da ergeht es dem ganz Großen nicht besser als den Kleinen.

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