Blick in die Betonkugel
Immobilien
Blick in die Betonkugel
Von Wolf Brandes
Niemand weiß, wohin die Immobilienmärkte steuern. Das bringt auch das Bankgeschäft durcheinander.
Die Immobilienmärkte und die finanzierenden Kreditinstitute sind immer wieder für Überraschungen gut. Zwar ist bekannt, dass die Geschäfte rund um Gewerbe- und Wohnimmobilien alles andere als gut laufen. Doch an welcher Stelle die Krise immer wieder mal aufpoppt, lässt sich nicht vorhersagen.
In dieser Woche war es die Deutsche Pfandbriefbank, die die Märkte überraschte. Der Immobilienfinanzierer sah sich gezwungen, die Risikovorsorge drastisch heraufzusetzen. Das allein überrascht nicht, doch dass die Pfandbriefbank die Gewinnprognose für das laufende Jahr halbiert, war schon eine bittere Nachricht.
Unterschiedliche Folgen
Welche Auswirkungen das aktuelle Marktgefüge auf die Finanzierungen von Immobilien im Prinzip hat, ist einigermaßen klar. Denn die Faktoren liegen auf dem Tisch. Einerseits sind die Zinsen drastisch gestiegen, andererseits sind die Preise immer mehr unter Druck. Doch die Folgen sind für die einzelnen Banken offensichtlich unterschiedlich.
Zwei Tage nach der Warnung der Pfandbriefbank veröffentlichte die Aareal Bank ihre Zahlen für das dritte Quartal. Ebenfalls ein Immobilieninstitut, aber anders strukturiert. Auch sie musste die Risikovorsorge deutlich heraufsetzen. Verglichen mit den Planungen von Anfang 2023 auf das Doppelte. Gleichwohl hält die Aareal Bank an ihrem Ergebnisziel fest und konnte offensichtlich die Belastungen durch Erträge auf der Zins- und Provisionsseite einigermaßen kompensieren.
Dass Immobilienfinanzierer im Zweifel stärker getroffen werden, verwundert nicht. Aber auch andere Banken sorgen sich. Angesichts steigender Zinsen warnte kürzlich Christian Sewing vor schweren Zeiten auf dem Markt der Gewerbeimmobilienfinanzierung. Man muss wohl interpretieren: Die schweren Zeiten gehen nicht so schnell zu Ende. Der CEO der Deutschen Bank formuliert auch, dass die für längere Zeit höheren Zinsen das Potenzial hätten, den Immobilienmarkt durcheinanderzuwirbeln. Nun, das Durcheinanderwirbeln ist seit einiger Zeit im Gange.
Jedes Objekt zählt
An dieser Stelle hätte wohl jeder gerne eine Glaskugel. Doch die Zukunft zeigt sich so undurchsichtig wie Beton. Eine leichte Beruhigung kommt von der Zinsseite, denn der Anstieg ist fürs Erste unterbrochen, ein Ende der Zinssteigerung in Sicht. Damit hätte man ein Niveau, auf das sich alle Beteiligten einstellen könnten. Schwerer zu kalkulieren sind die Märkte mit Transaktionen, Vermietungen und Projektentwicklungen. Das hängt von jedem einzelnen Standort und von jedem einzelnen Objekt ab. Es hängt davon ab, wie bewertet wird und ob weiter finanziert werden kann.
Was den Ausblick angeht, rechnet die Pfandbriefbank erst im ersten Halbjahr 2024 mit einer Stabilisierung der Immobilienmärkte. Der Preisfindungsprozess ziehe sich deutlich länger hin als erwartet. Andere Beobachter sind etwas optimistischer und erklären bereits, dass eine Bodenbildung begonnen habe. Solche Aussagen ändern aber nichts daran, dass die heikle Frage der Finanzierungen in jedem einzelnen Fall zu beantworten ist. Sicher ist: Eine Refinanzierung zu deutlich höheren Zinskosten und unter Berücksichtigung von fallenden Immobilienwerten macht Probleme.
EZB schaut auf die Bewertungen
Ungemach kommt ausgerechnet jetzt auch von der Europäischen Zentralbank. Die Geldpolitik hat den Boom des Immobiliengeschäftes in den vergangenen Jahren durch die Nullzinspolitik begünstigt. Nun aber bringen die Zinserhöhungen die Branche unter Druck. Die Bankenaufsicht der EZB wiederum hat aber etwas anderes im Blick, nämlich die Sicherheit der Banken. Daher nimmt sie sich die Bewertungsverfahren vor. Das könnte heikel werden.
Kürzlich hat die Zentralbank Immobiliengutachter aufgefordert, ihr Vorgehen bei Bestimmung der Marktwerte genauer zu erläutern. Wenn die EZB von einer zu günstigen Ermittlung der Werte ausgeht, könnte sie über das Thema Bewertung auf niedrigere Ansätze dringen. Mit vermutlich erheblichen Konsequenzen für die Finanzierung und Risikovorsorge der Banken. Auch die Notenbank wirbelt kräftig mit.