Baskische Zusammenkünfte
Notiert in Paris
Baskische Zusammenkünfte
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Von Gesche Wüpper
Ob Herdentrieb, Tradition oder einfach Gewohnheit: Ein ganzes Land verabschiedet sich im Juli und August in den Urlaub. Selbst Franzosen, die sich nicht oder nicht mehr nach den Schulferien richten müssen, buchen in dieser Zeit Ferien – und wundern sich dann über die oft recht saftigen Preise und überlaufenen Strände. Doch die Inflation macht sich inzwischen auch bei ihrem Buchungsverhalten bemerkbar, genau wie Klimawandel und Temperaturanstieg. Das bekommen vor allem die Côte d’Azur und Korsika zu spüren. Die berühmte Gegend an der Mittelmeerküste, über deren geografische Grenzen selbst in Frankreich Uneinigkeit herrscht, und die Insel sind dieses Jahr gerade bei französischen Gästen deutlich weniger gefragt. Dagegen liegt die preislich günstigere und kühlere Bretagne im Trend, auch bei Immobilien.
Wegen der Inflation würden sich viele Franzosen für Ziele entscheiden, die näher an ihrem Wohnort lägen, meint François de Canson, Vorsitzender des regionalen Tourismuskomitees der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Dennoch ist er nicht beunruhigt, da die Region ohnehin versucht, die Besucherströme besser über das Jahr hinweg zu verteilen. In Korsika dagegen warnt der Hotel- und Gaststättenverband UMIH bereits vor einer katastrophalen Saison. In einigen Gegenden der Insel sind die Buchungen um bis zu 50% eingebrochen. Korsika sei wunderschön, aber auch teuer, sagen Urlauber. Zu den Kosten für die Anreise mit Fähre oder Flugzeug kommt das im Vergleich zum Rest des Landes ohnehin 7% höhere Preisniveau. Vertreter der korsischen Tourismusindustrie schlagen Alarm.
Doch vielleicht kommt ihnen nun das Wetter zu Hilfe. Nach mehreren außergewöhnlich schönen Sommern in den letzten Jahren war es in der Bretagne zuletzt relativ kühl und verregnet. Zudem sorgt die bretonische Befreiungsfront Front de libération de la Bretagne (FLB) gerade für Negativschlagzeilen. Sie war vor allem in der Zeit 1960 bis 1980 aktiv, doch zuletzt war es lauter um sie geworden. In einem Bekennerschreiben hat sie die Verantwortung für den Brand von mehreren Ferienhäusern in den letzten Jahren übernommen. Angesichts des durch den Anstieg der Immobilienpreise ausgelösten Wohnungsmangels sei es noch nie so schwer wie jetzt gewesen, in der Bretagne zu bleiben und zu leben, erklärt sie. Deshalb habe sie den Kampf wieder aufgenommen. Die Justiz prüft noch, ob die FLB tatsächlich wiederbelebt wurde oder ob es sich um Trittbrettfahrer handelt.
Neue Markthallen für das Land
In der Vergangenheit sorgte auch die Heimat von Biltoki vor allem wegen der terroristischen Separatisten-Organisation ETA für Schlagzeilen. Biltoki, das bedeutet auf Baskisch “der Ort, der zusammenbringt, der vereint”. Genau das ist das Ziel der neun Markthallen, die das von vier Basken aus Anglet gegründete Unternehmen in Frankreich betreibt. Genau genommen handelt es sich um Schlemmerhallen, in denen man einen Happen zusammen essen und lokale Spezialitäten einkaufen kann. Beim gemeinsamen Essen oder Apéro zusammenzusitzen, hat in Frankreich immer eine wichtige Rolle gespielt. Seit Covid scheint das Bedürfnis, sich zu treffen, noch größer geworden zu sein.
Es vergehe kaum ein Tag, an dem ihnen kein Gemeindevertreter oder Immobilienentwickler vorschlage, eine neue Markthalle zu eröffnen, berichtet Romain Alaman, der Generaldirektor und Mitgründer von Biltoki. Alaman und seine Brüder Bixente und Xabi waren zunächst außerhalb des Baskenlandes tätig. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat entwickelten sie Immobilienprojekte in Anglet. Da es dort im Gegensatz zu den Nachbargemeinden keine Markthalle mehr gab, gründeten sie eine neu und eröffneten dort ein Café. 2017 folgte eine weitere Schlemmerhalle in Bordeaux-Bacalan gegenüber der Cité du Vin. Schnell wurde sie zu einem neuen In-Treffpunkt, so dass andere Städte das Konzept kopieren wollten. Inzwischen hat Biltoki auch das Ausland im Visier.