Frankfurt

Belgische Waffeln mit Zimt und Zucker (fleischlos)

Bei der Verabredung mit Geschäftspartnern ist die Wahl des Mittagslokals mittlerweile eine sensible Angelegenheit. Wer wagt, wenn er sich über nachhaltige Finanzierungen austauschen will, als Treffpunkt für den Mittagstisch ein Steakhaus vorzuschlagen? Was, wenn sich das Gegenüber vegan ernährt?

Belgische Waffeln mit Zimt und Zucker (fleischlos)

Wenn sich Banker, Vermögensverwalter, Broker oder Finanzjournalisten im Frankfurter Westend zum Mittagessen verabreden wollen, dann lautet die zentrale Frage in diesen Tagen nicht mehr: Wann? Sondern: Wo? Einerseits, weil in Zeiten von Homeoffice erst einmal geklärt werden muss, ob alle Beteiligten überhaupt zur Mittagszeit im Bankenviertel sind. Und zweitens, weil die Wahl des Restaurants zu einer sensiblen Angelegenheit geworden ist. Hand aufs Herz: Wer wagt, wenn er sich mit einem Gesprächspartner über nachhaltige Finanzierungen austauschen will, als Treffpunkt für den Mittagstisch Block House oder Maredo vorzuschlagen? Was, wenn sich das Gegenüber vegan ernährt – oder zumindest vegetarisch? Eine Einladung ins Steakhaus kann sich schnell als ähnlich ungeschickt erweisen wie ein Mettigel, den man anlässlich eines runden Geburtstags für die Kollegen in der Teeküche serviert. Marmorkuchen ist da die risikolosere Alternative.

*

Jenseits der Steakhäuser finden sich mittlerweile in fast jedem Mittagslokal im Bankenviertel kulinarische Angebote für Vegetarier. Längst fristen fleischlose Gerichte auf den Speisenkarten nicht mehr das erbärmliche Dasein im Schatten der Kinderkarte, wo hinter dem Captain-Blaubär-Schnitzel noch ein liebloser Teller Nudeln mit Tomatensauce angeboten wurde. Nein, fast überall gibt es heute eine reiche Auswahl an Gerichten auf pflanzlicher Basis. Selbst in der Hitparade der Kantinen sind vegetarische Gerichte nach vorne gerückt. Die Cappelletti-Pesto-Pfanne folgt nun direkt hinter Spaghetti Bolo und Currywurst mit Wellen-Pommes auf Platz 3 der Menü-Charts des Kantinenbetreibers apetito.

*

Nur noch selten lautet die irritierende Antwort in Lokalen auf die Frage, ob es auch Gerichte für Vegetarier gebe: „Ja, wir haben Fisch.“ Im Gegenteil: Viele Imbisse weisen offensiv auf ihre vegetarischen Angebote hin – so wie diese Woche mein Lieblingsmetzger: „Belgische Waffeln mit Zimt und Zucker (fleischlos).“ Solche eindeutigen Hinweise wünscht sich mancher Ungeübte beim Einkauf in Supermärkten. Denn man kann schon ins Grübeln geraten, warum die Mandelmilch vegan ist, aber die Erdbeermilch nicht. An dieser Stelle einmal aufrichtiger Dank eines sich nach Orientierung sehnenden Supermarktkunden an die Firma Allos, die ihre Milchersatzgetränke mit einem unzweideutigen Namen ausgestattet hat: „Ohne Muhhh“ – so geht echte Transparenz!

Die Anbieter von alkoholfreien Mixgetränken können sich in puncto Transparenz da eine Scheibe abschneiden. Deren Produkte heißen nicht umsonst spöttisch Mocktails, was als Kofferwort aus mock und Cocktail vorgetäuschte alkoholische Drinks beschreibt. Denn: Wer ahnt bei vorgerückter Stunde denn schon, dass sein Nojito („no“ für nüchtern) allein aus Minzeblättern, Limettensaft, Puderzucker und Clubsoda besteht – ohne jeden Tropfen Rum.

             (Börsen-Zeitung,