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Netflix wirft Nebelkerzen

Die Management-Teams im Silicon Valley wollen sich gerne auf andere Kennzahlen fokussieren als in der Vergangenheit. Dass damit häufig Nebelkerzen auf die Aktionäre geworfen werden, macht das Beispiel Netflix deutlich.

Netflix wirft Nebelkerzen

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Netflix wirft Nebelkerzen

Von Alex Wehnert

Investoren dürfen sich von Tech-Größen nicht auf die falsche Fährte locken lassen.

Investoren müssen aufpassen, sich bei der Bewertung von Tech-Unternehmen nicht auf die falsche Fährte locken zu lassen. Von einem Fokus der Managements auf andere Kennzahlen als bisher ist im Silicon Valley die Rede – insbesondere in der Gemeinde Los Gatos. Denn die dort ansässige Netflix will ab 2025 nicht mehr vierteljährlich über ihre Abonnentenzahl berichten. Co-CEO Greg Peters verweist auf die gewachsene Bandbreite an Preismodellen und die Profitabilität, infolge deren das quartalsweise Nutzerwachstum nicht mehr so aussagekräftig sei wie einst.

Doch was das Management als „Schlüsselmesszahl“ einordnet und was in den Augen der Finanzmarktöffentlichkeit wirklich wichtig sein sollte, muss sich nicht decken. Sonst würden beispielsweise alle Tesla-Aktionäre über die Auslieferungszahlen des 2023 weltweit meistverkauften Automobils Model Y jubeln, statt sich um rückläufige Absätze und Margen zu sorgen.

Wichtiger Trendindikator

Im Fall von Netflix mag es zwar sinnvoll erscheinen, die Gewinnentwicklung in den Fokus zu rücken. Doch speist sich diese eben aus den Abonnements, deren quartalsweise Abschlüsse einen wichtigen Trendindikator darstellen. Anhand dessen können Anleger Nutzerströme im Markt ableiten und Rückschlüsse für künftige Gewinne ziehen. Und entscheidend für die Bewertung von Tech-Aktien ist weniger das Kurs-Gewinn-Verhältnis nach aktuellem Stand, sondern jenes auf Basis der Profitschätzungen für die kommenden zwölf Monate.

Dass Netflix beim Stopp des vierteljährlichen Abonnentenupdates auch auf das Wachstum ihrer werbeunterstützten Variante verweist, ist eine Nebelkerze. Denn erstens machen die Nutzer der Version noch weniger als 10% der Kundenbasis aus. Und zweitens ist es nicht so, als würden Abonnenten für die Variante nicht blechen. Eigentlich müsste Netflix die Metrik der zahlenden Nutzer im Sinne der Transparenz also eher genauer aufschlüsseln, als sie unter den Tisch fallen zu lassen.

Extreme Kursreaktionen

Es liegt der Verdacht nahe, dass Netflix die Aktie einfach nicht mehr den extremen Reaktionen auf die Nutzer-Updates aussetzen will. Nach dem ersten vierteljährlichen Netto-Abgang von Abonnenten Anfang 2022 büßte der Titel binnen eines halben Jahres zwei Drittel seines Wertes ein. Doch allein auf die Bekanntgabe, dass Netflix die Kennzahl künftig nur noch jährlich liefert, sackte die Aktie am Freitagvormittag in New York zeitweise um 8% ab. Bislang verwirrt Co-CEO Peters die Investoren also nicht – diese dürfen sich aber auf neue Nebelkerzen einstellen, wenn in der kommenden Woche andere führende Silicon-Valley-Adressen wie Microsoft, Alphabet und Meta Zahlen vorlegen.