Im BlickfeldInvestment Trusts

Investment Trusts im Übernahmefieber

Investment Trusts haben schon jetzt ein Rekordjahr hinter sich, was die M&A-Aktivität angeht. In der Marktnische herrscht Übernahmefieber.

Investment Trusts im Übernahmefieber

Investment Trusts im Übernahmefieber

Britische M&A-Aktivität erreicht Rekordniveau, Aktienkurse deutlich unter Nettoinventarwert ziehen Interessenten an.

Von Andreas Hippin, London

In Großbritannien hat die Übernahme- und Fusionstätigkeit seit dem Jahresanfang Fahrt aufgenommen. „Es gibt eine Menge aufgestaute Nachfrage“, sagt Richard King, Head of EMEA Corporate Banking bei Bank of America. „M&A hat im ersten Halbjahr zum Comeback angesetzt und die Volumina sind gestiegen. Der Ehrgeiz hat zugenommen und wir erwarten, dass sich das fortsetzen wird.“

Es gibt eine Menge aufgestaute Nachfrage. M&A hat im ersten Halbjahr zum Comeback angesetzt und die Volumina sind gestiegen. Der Ehrgeiz hat zugenommen und wir erwarten, dass sich das fortsetzen wird.

Richard King, Head of EMEA Corporate Banking, Bank of America

Dem waren zwei magere Jahre vorangegangen. Im vergangenen Jahr lag das Dealvolumen im Vereinigten Königreich PwC zufolge um 18% unter 2022 und fast ein Drittel niedriger als 2021.

Schon sechs Transaktionen

Der neu entdeckte Schwung zeigt sich auch in Marktnischen: Investment Trusts haben schon jetzt ein Rekordjahr hinter sich, was Übernahmen und Fusionen angeht. Bei den in Deutschland nahezu unbekannten Anlagevehikeln handelt es sich um geschlossene Fonds, die an der Londoner Börse gehandelt werden.

Im ersten Halbjahr kam es bereits zu sechs M&A-Transaktionen. Zwei weitere sind in der Pipeline, darunter der bislang größte Deal in diesem Segment: der Zusammenschluss von Alliance Trust und Witan. Mit Assets von mehr als 5 Mrd. Pfund könnte Alliance Witan in den FTSE 100 einziehen. Der F&C Investment Trust ist bereits im Standardwerteindex enthalten. Im FTSE 250 tummeln sich eine ganze Reihe von Trusts.

Größe und Liquidität zählen

An der Rekordzahl von Fusionen zeige sich, „dass die Boards der Trusts auf die Präferenz der Anleger für größere und liquidere Trusts reagieren, die leichter zu handeln und billiger zu betreiben sind“, sagt Richard Stone, Chef der Association of Investment Companies.

Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte bei der M&A-Aktivität auch spielen, dass der Aktienkurs vieler Trusts deutlich unter dem Nettoinventarwert der in ihnen gebündelten Assets liegt. Sind die Vehikel in Aktien investiert, fällt es potenziellen Käufern am leichtesten, Gewinne zu heben. Viele der Gesellschaften nutzen niedrige Bewertungen zu Aktienrückkäufen. In den ersten fünf Monaten summierten sie sich auf 3,0 (i.V. 1,3) Mrd. Pfund.

Zugang für Kleinanleger

Trusts investieren in eine große Spannbreite von Vermögenswerten. Das ermöglicht auch Kleinanlegern den Zugang zu Assets, die sonst nur institutionellen Investoren zugänglich sind. Dazu gehören Private Credit, Gewerbeimmobilien, Private Equity oder auch Schiffsbeteiligungen.

Zu den Vorteilen der Konstruktion gehört, dass Investoren ihre Anteile einfach über die Börse verkaufen können, ohne dass der Trust Beteiligungen veräußern muss, um sie auszuzahlen. Sie können wie ETFs während des Handelstags ge- oder verkauft werden.

Gehebelte Investments

Zudem ist ein Trust eine Firma und kann sich Geld leihen. Das ermöglicht, den Hebel anzusetzen und damit höhere Gewinne zu erwirtschaften, bringt aber auch höhere Verluste, sollten sich die Investments nicht so entwickeln wie erwartet.

Weil es sich bei den Trusts um börsennotierte Gesellschaften handelt, können sich auch Shareholder-Aktivisten einkaufen. Die nach ihren Engagements bei Deutsche Wohnen, Gea und Stada auch in Deutschland wohlbekannte Elliott Investment Management war schon einmal bei Alliance Trust an Bord und stieg im vergangenen Sommer bei Scottish Mortgage Investment Trust ein. Damals wurden die Aktien zeitweise mit einem Abschlag von mehr als 20% auf den Nettoinventarwert gehandelt.

Aktivisten an Bord

Der Einstiegspreis von Elliott dürfte nach Schätzung des Analysten Iain Sculler von Stifel Europe zwischen 640 und 700 Pence je Anteilschein gelegen haben. Seitdem hat der Trust einen 1 Mrd. Pfund schweren Aktienrückkauf angekündigt und bereits damit begonnen. Die Experten der US-Investmentbank vermuten, dass ein Großteil der 35 Millionen Aktien, die im Mai zum Preis von 895 Pence zurückgekauft wurden, von Elliott stammten.

„Es hat den Anschein, als hätte Elliott ansehnliche Gewinne realisiert“, schrieb Sculler. „Aber zugleich bleiben sie einer der größten Anteilseigner und werden dem Board wohl weiterhin klar ihre Meinung dazu sagen, wie der Shareholder Value künftig gesteigert werden kann.“ Der Trust wird vom schottischen Vermögensverwalter Baillie Gifford gemanagt.

Übernahme im Aktientausch

Doch zurück zum Thema M&A: Auslöser der Übernahme der 1909 gegründeten Witan durch Alliance Trust war, dass deren langjähriger Chef Andrew Bell in den Ruhestand gehen will. Geplant ist, die beiden Multi-Manager-Investmentgesellschaften mithilfe eines Verschmelzungsplans (Scheme of Reconstruction) zusammenzuführen.

„Aus dem Deal wird eine der führenden in London notierten Investmentgesellschaften hervorgehen, und er wird unseren Aktionären noch viele Jahre lang zugutekommen“, sagte der Witan-Chairman Andrew Ross, nachdem der Trust eine Reihe von Optionen für sein Geschäft geprüft hat. Die bisherige Alliance Trust absorbiert die Assets von Witan, die Witan-Aktionäre erhalten Aktien der fusionierten Gesellschaft Alliance Witan.

Niedrigere Gebühren

Sie profitieren nach Abschluss der Transaktion unmittelbar von einem Bewertungsaufschlag, denn die Aktien von Witan wurden mit einem größeren Abschlag zum Nettoinventarwert gehandelt als die von Alliance Trust. Dabei müssen sie keine niedrigere Dividende in Kauf nehmen. Alliance Witan wird sich bei der dritten und vierten Zwischendividende in diesem Jahr an der Höhe der Ausschüttungen von Witan orientieren.

Die fusionierte Gesellschaft werde eine „wettbewerbsfähigere Gebührenstruktur“ aufweisen, teilten die beiden Unternehmen mit. Zudem verteilten sich die Kosten auf ein größeres verwaltetes Vermögen. Von den Größenvorteilen dürften die ehemaligen Aktionäre von Witan stärker profitieren als die von Alliance Trust.

Tritax Big Box schluckt UK Commercial Property

Der größte Deal im ersten Halbjahr war die Übernahme von UK Commercial Property Reit durch Tritax Big Box Reit im Aktientausch, aus der eine Immobiliengesellschaft mit Assets von 6,3 Mrd. Pfund hervorging. Tritax, deren Aktionäre 77% am Unternehmen halten, verstärkte sich dadurch im wohlhabenden englischen Südosten und kündigte an, mit UK Commercial Property Reit akquirierte Objekte ohne Logistikbezug als „nichtstrategisch“ zu erachten und binnen zwei Jahren abzuverkaufen.

Manche Transaktionen fanden innerhalb einer Firmenfamilie statt. Henderson Diversified Income ging in Henderson High Income auf. Der Merger von Henderson European Focus und Henderson Eurotrust steht kurz vor dem Abschluss. J.P. Morgan Mid Cap verschmolz mit J.P. Morgan UK Smaller Companies und J.P. Morgan Multi-Asset Growth & Income mit J.P. Morgan Global Growth & Income. Fidelity China Special Situations sammelte Abrdn China ein. STS Global Income & Growth holte sich Troy Income & Growth.

Der Investment-Trust-Sektor hat sich in schwierigen Märkten stets weiterentwickelt. Die Bewertungsabschläge bleiben groß, aber es ist ermutigend, dass die Performance im ersten Halbjahr stark gewesen ist.

Richard Stone, Chef der Association of Investment Companies

Starke Performance

„Der Investment-Trust-Sektor hat sich in schwierigen Märkten stets weiterentwickelt“, sagt Stone. Man befinde sich jetzt in einer solchen Phase, in der man das beobachten könne. Viele Gesellschaften hätten eine strategische Überprüfung ihres Geschäfts angekündigt. „Die Bewertungsabschläge bleiben groß, aber es ist ermutigend, dass die Performance im ersten Halbjahr stark gewesen ist.“ Das sei schließlich der wichtigste Maßstab für den Erfolg der Branche.

Im Schnitt lieferten Investment Trusts im ersten Halbjahr eine Kursperformance von 8%. Tech und Private Equity schnitten am besten ab.