Chinas Konjunkturerholung bringt keine Feierlaune
China-BIP
Noch kein Grund
zum Feiern
Von Norbert Hellmann
Chinas Wirtschaft scheint nach neuesten Daten aus dem Gröbsten heraus. Doch der Elefant Immobilienkrise ist noch nicht aus dem Raum.
Die Erleichterung ist greifbar. Chinas Wirtschaft hat sich nach einer Serie von alarmierend schwachen Konjunkturdaten im September wieder etwas gefangen und verzeichnet eine so sehnlich erhoffte Belebung an der Konsumfront. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hat im dritten Quartal mit 4,9% gegenüber Vorjahr sogar kräftiger zugelegt als von den Analysten erwartet. Das ist eine willkommene Abwechslung für Konjunktur- und Marktbeobachter, deren Prognosen ab dem Frühjahr regelmäßig verfehlt wurden.
Chinas Staatsmedien und regierungsnahe Thinktanks besingen bereits einen imposanten Turnaround, der nun eine kräftige Erholungsbewegung im Schlussquartal einleiten soll. Das sollte nach ihrer Überzeugung auch die Pessimismus-Spirale an Chinas Börsen durchbrechen, um die früh abgewürgte Wiederöffnungsrally nach Abschaffung der Null-Covid-Politik noch einmal neu zu beleben.
Nun, die Marktreaktionen vom Mittwoch zeigen, dass der Hoffnungsfunken nicht so einfach überspringt. Dafür gibt es gute Gründe. Die nun wieder etwas flottere Gangart bei den Einzelhandelsumsätzen mit zuletzt 5,5% Wachstum im September bedeutet erst einmal nur, dass man der Fortsetzung einer langen Misere entkommen ist. Daraus lässt sich noch nicht schließen, dass man nun rasch wieder zur gewohnten Konsumdynamik zurückfindet. Zum anderen sind da die allfälligen Probleme im Immobilienmarkt, jenem Elefanten, der sich nicht so einfach aus dem Zimmer schubsen lässt.
Parallel mit den BIP-Daten haben die Anleger am Mittwoch Gewissheit erhalten, dass der vormals größte Wohnimmobilienentwickler Country Garden keine Chance mehr sieht, seine Dollarbondschulden zu bedienen. Er steuert nach dem Default des Branchenriesen Evergrande auf eine ähnlich komplexe Umschuldungsmisere mit latenter Insolvenzgefahr zu. Dutzende weiterer großer Bauträger befinden sich in vergleichbaren Überschuldungsnöten, für die der Staat keine Allzwecklösung bieten kann.
Das Wirtschafts- und Konsumvertrauen der Privaten ist eng mit der Stimmung am Immobilienmarkt verknüpft. Die jahrzehntelang gewohnte automatische Vermögungsmehrung durch Wohneigentum ist kompromittiert. So ist schwer ersichtlich, wie die Nation mühelos zum unbeschwerten Konsumrausch mit Fokus auf große Anschaffungen zurückfinden soll. Darauf gründet aber letztlich die Hoffnung für ein Anknüpfen des Wachstums an präpandemische Zeiten.