Notiert inDüsseldorf

Coole Jungs – jüdisch und innovativ

Eine Düsseldorfer Ausstellung würdigt die jüdische Industriepioniere Freundlich, Schöndorff und Loewy, deren bahnbrechende Erfindungen bis heute wirken.

Coole Jungs – jüdisch und innovativ

Notiert in Düsseldorf

Coole Jungs – jüdisch und innovativ

Von Angela Wefers

Es waren coole Jungs, die um die Jahrhundertwende mit ihren bahnbrechenden Erfindungen der deutschen Industrie zur Blüte verhalfen. Sie waren innovativ, erfolgreich – und jüdisch: Abraham Freundlich, Albert Schöndorff und Ludwig Loewy. An diese herausragenden Unternehmer aus dem Maschinen- und Anlagenbau erinnert eine Ausstellung der Mahn- und Gedenkstätte in Düsseldorf. Ihre Firmen haben die Nazis boykottiert oder zerstört. Sie wurden „arisiert“, besser gesagt: geraubt. Ihr Andenken hat die Nachkriegsgesellschaft indes getilgt. Ihre Namen sind heute praktisch unbekannt. Nun rückt sie die Ausstellungsmacherin Hildegard Jakobs zurück ins kollektive Gedächtnis.

Pionier der Kältetechnik

Abraham Freundlich war nicht nur ein Pionier der internationalen Kältetechnik, Garant der Fleischversorgung im Ersten Weltkrieg und Lieferant der kaiserlichen Marine, er konnte auch Marketing. 1917 lieh er beim Zirkus Hagenbeck Elefanten und ließ sie zum Erstaunen der Düsseldorfer vor eine Eismaschine spannen. Freundlich gelangte über den Lebensmittelhandel zu Ideen besserer Konservierung. Sein Durchbruch kam mit einem Bierfilter, der nicht nur das Lebenselixier der Düsseldorfer verbesserte, sondern ihn auch in Kontakt mit Brauereien brachte. Seinen „Polarblitz“ exportierte er in die ganz Welt. Für seine Kühlhäuser erdachte er fortschrittliche Methoden des Einfrierens. Freundlich verstirbt 77-jährig 1938 in Düsseldorf, nachdem die Nazis sein Lebenswerk zerstört hatten. Das Unternehmen firmierte von 1941 an als „Rheinkälte Maschinenfabrik Helm & Co.“. Freundlichs Nachkommen gelingt die Flucht aus Deutschland. In dem auf zwei Koffer beschränkten Gepäck retten sie vor allem Firmenunterlagen.

Nach Auschwitz deportiert

Albert Schöndorff und sein Bruder Herrmann kommen über eine Bettenfabrik zum Ladenbau. Sie steigen zum Marktführer beim Ausbau hochwertiger Warenhäuser auf – den neuen und eleganten Konsumtempeln ihrer Zeit. 1920 wird die inzwischen groß gewordene Waggonfabrik Gebr. Schöndorff eingegliedert. Die Waggonbaufabrik wird 1933 „arisiert“ und zur Duewag. Fünf Jahre später flieht Schöndorff mit seiner Frau in die Niederlande. Beide werden 1942 nach Auschwitz deportiert, womöglich in einem Schlöndorff-Waggon, und kommen dort um.

Metallpressen für britische Flugzeuge

Ludwig Loewy tritt in jungen Jahren, aus Böhmen kommend, in Düsseldorf bei Schloemann ein, dem Marktführer für hydraulische Pressen. 1936 verlässt der Ingenieur Deutschland und baut die Loewy Engineering Company in Großbritannien auf. Ein großer, auch nichtjüdischer Teil der Belegschaft folgt dem charismatischen Unternehmer. Die Presstechnik ermöglicht den Bau moderner Flugzeuge, die von den Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland eingesetzt werden. Loewy erkrankt und stirbt 1942, inzwischen britischer Staatsbürger.

Wer die Gründerzeit-Visionäre sehen will, hat Zeit bis Herbst 2025. Ihr Mut, Ideenreichtum und ihre Expertise haben deutsche Industriegeschichte geschrieben.

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