LEITARTIKEL

Das A400M-Drama

Zwölf Jahre nach dem Vertragsabschluss für den Bau des A400M wird im Drama um den Militärtransportflieger ein neues Kapitel aufgeschlagen. Bewahrheiten sich die Hinweise, dass Softwareprobleme bei der Triebwerkssteuerung den Absturz eines Flugzeugs...

Das A400M-Drama

Zwölf Jahre nach dem Vertragsabschluss für den Bau des A400M wird im Drama um den Militärtransportflieger ein neues Kapitel aufgeschlagen. Bewahrheiten sich die Hinweise, dass Softwareprobleme bei der Triebwerkssteuerung den Absturz eines Flugzeugs dieses Typs mit vier Toten vor knapp zwei Wochen verursacht haben, wirft dies ein schlechtes Licht auf den Hersteller Airbus und seine Lieferkette.Vor diesem Hintergrund ist Konzernchef Tom Enders gefordert, die zuvor von vielen Pannen belastete Baureihe erneut auf den Prüfstand zu stellen. Für das Unternehmen geht es dabei um Schadensbegrenzung. Dies kann Airbus nur erreichen, wenn es die Qualitätsprobleme mit Ingenieurskunst behebt und den Produktionshochlauf hinbekommt. Angesichts der Fülle der beim A400M-Programm noch zu bewältigenden Aufgaben steht Airbus abermals eine Kärrnerarbeit bevor. Denn die Triebwerkssteuerung war schon längere Zeit als eines der größten Probleme bekannt. Bereits Jahre zuvor wurde bemängelt, dass die Software mit dem Cockpit-System nicht kompatibel ist.Es wäre nicht das erste Mal, dass Enders direkt am Endmontagewerk für den A400M in Sevilla eingreifen müsste. Anfang dieses Jahres tauschte er bereits das dafür verantwortliche spanische Management aus, nachdem sich die Pannenserie bei diesem Prestigeprojekt fortgesetzt hatte. Wegen deutlich später als geplant erfolgter Übergaben an die Erstkunden und einer umfangreichen Mängelliste war Enders im Januar gezwungen, sich öffentlich für die Missstände zu entschuldigen.Der Absturz ist ein empfindlicher Rückschlag für ihn und seine Mannschaft beim Bemühen, dass A400M-Programm auf Kurs zu bringen. Airbus drohen nun weitere teure Auslieferungsverzögerungen, dauert es doch eine Weile, bis Mängel bei hochkomplexen Flugzeugen behoben werden können. Der bereits mehrmals geänderte Lieferplan wackelt wegen der jüngsten Entwicklung erneut.Aus finanzieller Sicht könnte es daher für Airbus nach dem Unglück noch dicker kommen. Im Schlussquartal 2014 stellte der Konzern zusätzliche 551 Mill. Euro für die Baureihe zurück. Damit erhöhten sich die Rückstellungen für den Flieger auf fast 5 Mrd. Euro. Aufgrund des Unglücks ist nun fraglich, ob das ausreicht, obgleich Enders auf der zurückliegenden Bilanzvorlage sich zuversichtlich äußerte, dass die Serie von Mehrkosten vorbei ist. Doch das war vor dem tragischen Unfall.Dabei verdient Airbus mit der A400M ohnehin kein Geld mehr. Das Programm ist für den Flugzeugbauer aus Toulouse ein riesiges Verlustgeschäft. Die gesamten Entwicklungs- und Fertigungskosten wurden zuletzt nach Nachbesserungen für die Kostenaufteilung zwischen dem Konzern und den Auftraggebern auf 25 Mrd. Euro beziffert. Nach letztem Stand zahlt Airbus für jedes der insgesamt 174 in Auftrag gegebenen Maschinen im Schnitt geschätzt rund 30 Mill. Euro drauf. Mit dem Imageschaden beim A400M zerplatzten für Enders zugleich die Hoffnungen, über Exportaufträge in Übersee die Anlaufverluste wenigstens zu begrenzen.Für Airbus war der A400M von Anfang an ein Ärgernis. Der Konzern ließ sich mit einem Festpreis über den Tisch ziehen, obwohl erfahrungsgemäß die Kosten für Militärprogramme regelmäßig ausufern. Daher sind flexibel gestaltete Konditionen im Rüstungsgeschäft üblich. Die Mehraufwendungen muss Airbus nun großteils allein tragen. Kein Wunder also, dass aus Enders’ Sicht das Abkommen so nie hätte unterzeichnet werden dürfen. Doch das ist Schnee von gestern.Die Schuld an dem Debakel aber allein Airbus zuzuweisen, greift zu kurz. Schließlich überfrachteten die Militärs den Konzern mit vielen Extrawünschen bei den Leistungsanforderungen für den A400M. Hinzu kamen industriepolitische Vorgaben. Das trieb die Kosten zusätzlich in die Höhe. So mussten die Triebwerke unbedingt von einem europäischen Herstellerkonsortium entwickelt werden. Bleibt zu hoffen, dass die größten Bestellländer Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien aus den Fehlern lernen. Sie müssen gemeinsame Rüstungsprojekte besser koordinieren.Mit Blick auf den Aktienkurs ist es für Airbus eine Entlastung, dass das Desaster für die Anleger keine entscheidende Rolle mehr spielt. Denn die Dynamik im Geschäft mit Verkehrsflugzeugen überlagert die Schwäche im Militärbereich. Für Airbus spielt die Musik bei den zivilen Kernaktivitäten. Für Investoren kommt es zuerst darauf an.——–Von Stefan KroneckNach dem Absturz eines A400M muss Airbus die Militärflieger-Baureihe nachbessern. Das könnte den Konzern erneut viel Zeit und Geld kosten.——-