Notiert inTokio

Das Duell der stärksten Frauen

Vor acht Jahren bezeichnete Renho, da war sie Chefin der größten Oppositionspartei, die Tokioter Gouverneurin Yuriko Koike noch als die Ältere und die Erfahrenere. Jetzt macht sie ihr das Amt streitig.

Das Duell der stärksten Frauen

Notiert in Tokio

Das Duell der stärksten Frauen

Von Martin Fritz

Bei der Neuwahl des Gouverneurs für die Präfektur Tokio am 7. Juli – der Wahlkampf beginnt am Donnerstag – kommt es zum Duell der bedeutendsten Politikerinnen von Japan. Yuriko Koike regiert die japanische Hauptstadt seit acht Jahren, ist damit Japans mächtigste Frau und bewirbt sich um eine dritte Amtszeit. Ihre Herausforderin ist die prominenteste Oppositionspolitikerin Renho Saito, bekannt unter ihrem Vornamen, die seit 2004 im Oberhaus des nationalen Parlaments sitzt.

Hochehrgeizige Politikerinnen

Beide Frauen agieren ungewöhnlich machtbewusst und kommunizieren ihre Botschaften rhetorisch gewandt, schließlich begannen sie ihre Karrieren beide als Moderatorinnen von Nachrichtensendungen. Sowohl Koike als auch Renho haben öffentlich erklärt, sie wollen die erste Premierministerin von Japan werden. Koike versuchte zunächst, Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei (LDP) zu werden, die Japan seit 1955 fast ununterbrochen regiert. Aber ihr fehlte die Hausmacht. Während ihrer ersten Amtszeit als Gouverneurin kämpfte sie dann mit der selbst gegründeten Regionalpartei „Tokioter Bürger zuerst“ gegen die LDP. Aber für ihre Wiederwahl verbündete sie sich wieder mit der LDP. Dann hob sie die nationale „Partei der Hoffnung“ aus der Taufe, um doch noch Premierministerin zu werden. Doch ihre neue Partei gewann nicht genug Mandate.

Renhos Karriere verlief linearer. Vor 20 Jahren gewann sie einen Sitz im Oberhaus für die oppositionelle Demokratische Partei (DPJ) und blieb dort. Als Ministerin in der kurzen Nicht-LPP-Regierung machte sie sich mit scharfen Fragen und schlagfertigen Kommentaren gegen unnötige Staatsausgaben als Beamtenschreck einen Namen. Zurück in der Opposition führte sie, wenn auch nur für zehn Monate, als erste Frau die DPJ, die sich später als CDP neu formierte.

Taiwanesischer Vater als Handicap

Während ihrer Karriere musste die Mutter von Zwillingen, die stets im Blazer und mit Kurzhaarfrisur auftritt, mit chauvinistischen Vorurteilen kämpfen: Die Mutter ist Japanerin, der Vater aber Taiwanese. Sie kam erst als Teenager nach Japan und trat als DPJ-Chefin auch vorzeitig zurück, weil sie ihre doppelte Staatsangehörigkeit entgegen dem Gesetz beibehalten hatte.

Die 71-jährige Koike hat ihren politischen Zenit überschritten, aber verweist auf die Erfolge ihrer acht Amtsjahre, darunter die überstandene Pandemie, die Olympischen Spiele, ein Extra-Kindergeld für Tokioter Bürger und der Gebührenverzicht für alle Oberschüler. Die LDP unterstützt sie, indem sie keinen Gegenkandidaten aufstellt. Jedoch treten viele andere konservative Kandidaten an, die sie Stimmen kosten werden.

Die Dynamik spricht für die deutlich jüngere 56-jährige Renho, die Koike aggressiv dafür kritisiert, „wie schnell sich ihre Worte und Taten ändern“. Die Amtsinhaberin erwähnte ihre schärfste Rivalin bislang mit keinem Wort und kündigte ihre Bewerbung mit zwei Wochen Verspätung an, damit sich die Aufregung über Renhos überraschende Kandidatur legen konnte.

Von Martin Fritz
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