Thyssenkrupp

Das Fanal

Mit Thyssenkrupp hisst der erste namhafte deutsche Konzern die rote Flagge. Die Prognose wird in Teilen ausgesetzt. Der Grund sind die unkalkulierbaren wirtschaftlichen Folgen des Kriegs.

Das Fanal

Mit Thyssenkrupp zollt der erste namhafte deutsche Konzern den aktuellen Ereignissen Tribut: Die Prognose für den laufenden Turnus wird zumindest in Teilen ausgesetzt. Der Grund: die unabsehbaren Folgen des Ukraine-Kriegs. Hatten die europäischen Stahlaktien nach dem Beginn der Invasion Russlands im Nachbarland zunächst noch von der sich absehbar verschärfenden Stahlknappheit profitiert, zeigte sich recht schnell, dass diese Milchmädchenrechnung nicht aufgehen wird. Steigende Rohstoffpreise werden zunehmend zur Kostenfalle. Zugleich verschärft der Krieg die Lieferkettenprobleme. Das schlägt sich bei Thyssenkrupp in den Stahl- und Autozuliefergeschäften nieder.

Eines größeren geschäftlichen Engagements in der Kriegsregion bedarf es dafür nicht. Den dortigen Anteil am Konzernumsatz beziffert Thyssenkrupp auf „deutlich unter 1 %“. Dennoch sind die Kriegsfolgen schon nach drei Wochen zu spüren, allen voran die steigenden Rohstoffkosten, die mit dem Aufbau im Working Capital einhergehen. Das nagt am Liquiditätspolster.

Folgerichtig kassiert Thyssenkrupp die Prognose hinsichtlich des freien Cashflow vor M&A. Eigentlich wollten die Essener dem jahrelangen Geldverbrennen in diesem Geschäftsjahr endlich ein Ende setzen. Daraus wird nun mutmaßlich wieder nichts. Was das letztendlich für das Di­videndenversprechen bedeutet, bleibt – wie so vieles in diesen Tagen – offen.

Damit sind die schlechten Nachrichten jedoch noch nicht erschöpft. Denn auch der für die Stahlsparte geplante Spin-off wird auf Eis gelegt. Eine Aussage zur Machbarkeit lasse sich im gegenwärtigen Umfeld nicht treffen. Das liegt vermutlich auch daran, dass die für die Verselbständigung der Stahlsparte erforderlichen Förderzusagen aus der Politik auf sich warten lassen. In Brüssel und Berlin werden derzeit aus gutem Grund andere Themen wie die Ver­sorgungssicherheit priorisiert. Ohne finanzielle Zusage aber kann sich Thyssenkrupp nicht auf den Weg der Transformation zu grünem Stahl begeben. Der aber wäre Voraussetzung für die Abspaltung.

Den geplanten Börsengang des Elektrolysegeschäfts Nucera thematisiert Thyssenkrupp erst gar nicht. Wegen des volatilen Marktumfelds ist ein IPO derzeit jedoch höchst unwahrscheinlich.

Es verwundert wenig, dass es in der neuen Krise ohnehin angeschlagene Firmen als Erstes erwischt. Dennoch sollte die verkappte Gewinnwarnung von Thyssenkrupp durchaus als Fanal für die deutsche Industrie verstanden werden.

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