Das Rennen um die Macht über New York City wird zum Marathon
Notiert in New York
Marathon um die Macht
Von Alex Wehnert
Unter dem strahlend blauen Himmel im Central Park kommen die Läufer an diesem frühen Sonntagmorgen im Februar trotz Temperaturen knapp über null schnell ins Schwitzen. Denn das vom Unternehmen NYC Runs veranstaltete Rennen führt die Teilnehmer auf zweieinhalb Runden durch die grüne Lunge Manhattans. Den steilen Harlem Hill im Nordwesten müssen sie dabei zweimal erklimmen, die kaum minder gefürchtete Anhöhe hinter dem Bootshaus auf der Ostseite der Anlage gleich dreimal. Auf den 21,1 Kilometern verlässt selbst manch fitten Ausdauersportler, der losgestürmt ist wie die Feuerwehr, zwischenzeitlich der Mut – doch bei allen, die den schwierigen Kurs meistern, macht sich schnell Hochstimmung breit. Eine Frau und ein Mann, die sich an diesem Morgen auf der Strecke kennengelernt haben, laufen unter allgemeinem Jubel Hand in Hand über die Ziellinie, umarmen sich kurz und gehen dann wieder getrennter Wege.
Skandal-Bürgermeister gibt nicht auf
Während die Teilnehmer des Halbmarathons im Central Park ihre Medaillen abholen, läuft das Rennen um das New Yorker Rathaus gerade erst heiß. Am 4. November des laufenden Jahres stehen gemäß Plan die Bürgermeisterwahlen in der größten amerikanischen Metropole an – und der in zahlreiche Skandale verwickelte Amtsinhaber Eric Adams will dabei erneut antreten. Zuletzt haben dem Demokraten selbst mehrere Parteifreunde den Rücken gekehrt, nachdem dieser mit der neuen Bundesregierung in Washington gemeinsame Sache gemacht hatte.

Insbesondere Adams’ implizite Unterstützung für Elon Musks Einmischungen bei US-Behörden und seine Mitarbeit an der Deportationsagenda des Weißen Hauses treiben anderen Demokraten Schauer über den Rücken. Dabei schwört der Bürgermeister Stein und Bein, für seine Unterstützung von Massenverhaftungen illegaler Einwanderer in der Empire City und anderen Hardliner-Maßnahmen keine Gegenleistung vereinbart zu haben. Dass das US-Justizministerium daraufhin anstrebte, eine Korruptionsanklage – gemäß der Adams unter anderem nicht deklarierte Zuwendungen aus der Türkei erhielt – fallen zu lassen, stellt in der Gedankenwelt des einstigen Polizisten kein illegales „quid pro quo“, sondern einen völlig normalen Vorgang dar.
Gouverneurin schränkt Befugnisse ein
Auch davon, dass vier seiner stellvertretenden Bürgermeister darauf aus Protest ihren Hut nahmen, lässt sich der Demokrat nicht beirren – ebenso wenig wie dadurch, dass New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul ernste Gespräche darüber führte, ihn seines Amtes zu entheben. Zwar hat die ranghöchste Vertreterin des Ostküstenstaats angekündigt, Adams’ Befugnisse einzuschränken und seine Stadtverwaltung unter stärkere Aufsicht zu stellen. Der Bürgermeister betonte darauf allerdings, für solche Schritte bestehe „keine rechtliche Grundlage“. Adams’ Nachsatz, er wolle mit der Gouverneurin zusammenarbeiten, um das Vertrauen in die Regierung zu stärken, kommt vielen Bürgern dabei wie Hohn vor.

Seine Kritiker hoffen nun darauf, dass der Amtsinhaber schon die demokratischen Vorwahlen im Juni nicht übersteht. Das Kandidatenfeld ist groß, von mitunter extremen Positionen geprägt und könnte sich bald schon um einen prominenten Namen erweitern: Der 2021 nach Vorwürfen sexueller Belästigung zurückgetretene Ex-Gouverneur Andrew Cuomo will angeblich als Bürgermeister antreten und dies möglicherweise schon am Wochenende verkünden. Bis zum ersten Zwischenziel im Juni und der finalen Destination im November steht New York damit noch ein Marathon um die Macht über die Five Boroughs bevor. Anders als beim jüngsten Rennen im Central Park dürfte an dessen Ende aber wohl kaum Hochstimmung aufkommen.