KommentarEU-Haushaltsregeln

Das Schweigen der Finanzminister

Eine Einigung auf neue EU-Haushaltsregeln bis Jahresende wird immer unwahrscheinlicher – allen Warnungen des IWF zum Trotz.

Das Schweigen der Finanzminister

EU-Haushaltsregeln

Das Schweigen der Finanzminister

Von Andreas Heitker

Eine Einigung auf neue EU-Haushaltsregeln bis Jahresende wird immer unwahrscheinlicher ­– allen Warnungen des IWF zum Trotz.

Bei der jüngsten Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Marrakesch zog sich Sorge vor zu hohen Staatsschulden gerade vor dem Hintergrund der immer neuen internationalen Krisenherde wie ein roter Faden durch viele der Debatten. Nicht von ungefähr forderte der Fonds dann auch die Europäer auf, dafür Sorge zu tragen, dass wieder neue fiskalische Puffer aufgebaut werden, um gerüstet zu sein und neue Resilienz aufzubauen. Bundesfinanzminister Christian Lindner nahm diese dringenden Empfehlungen fast schon triumphierend mit nach Luxemburg, wo am Dienstag bei dem Treffen der EU-Finanzminister wieder einmal die dringend nötige Reform der europäischen Haushalts- und Schuldenregeln auf der Agenda stand. Der FDP-Chef sieht sich durch den IWF in seiner harten Haltung bestätigt und ist – wie auch andere Minister – nicht unbedingt zu weiteren Kompromissen bereit.

Und so tritt die Europäische Union keine drei Monate vor dem Wiederinkrafttreten der alten, wenig effektiven Regeln auf der Stelle. Im Ecofin war die Diskussion zum Stabilitäts- und Wachstumspakt am Dienstag bereits nach wenigen Minuten wieder beendet, und dies, obwohl die Zeit drängt. Neben der spanischen Vorsitzenden und den üblichen Vertretern der EU-Kommission meldete sich lediglich der italienische Wirtschafts- und Finanzminister noch einmal mit einigen allgemeinen Einwürfen zu Wort. Ansonsten herrschte im Saal großes Schweigen.

Bereits vor vier Jahren stand die Reform bei einem informellen Treffen in Helsinki erstmals auf der Ecofin-Agenda. Der Prozess wurde durch die Corona-Pandemie unterbrochen und die Regeln erst einmal auf Eis gelegt. Aber seit zwei Jahren wird unter den Finanzministern wieder intensiv um eine Lösung gerungen, die den Staaten auf der einen Seite Luft für Investitionen in die grüne Transformation, die Digitalisierung und für den Verteidigungshaushalt lässt und auf der anderen Seite für dauerhafte finanzpolitische Stabilität und einen nachhaltigen Schuldenabbau sorgt. In Marrakesch wurde nicht wirklich ein Ausweg aus dieser Zwickmühle gefunden. In der EU soll nun im November ein neuer Gesetzentwurf auf dem Tisch der Finanzminister liegen mit den bislang diskutierten Kompromissformeln. Die Hoffnung, dass dies ein großer Wurf wird, ist längst vorbei. Aber auch eine Einigung auf eine kleine Lösung bis zum Jahresende wird immer unwahrscheinlicher – allen Warnungen des Internationalen Währungsfonds zum Trotz.

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