Daumen drücken für den IPO-Markt
Börsengänge
Daumen drücken notwendig
Von Christoph Ruhkamp
Mit der Thyssenkrupp-Wasserstofftochter kommen derzeit drei Milliarden-Börsengänge in Europa auf den Markt. Doch eine IPO-Welle wird das nicht werden.
Thyssenkupp kommt mit der Wasserstofftochter Nucera nicht allein an den IPO-Markt. Gleich zwei weitere Milliarden-Börsengänge werden gerade in Europa vermarktet – zum einen der rumänische staatliche Stromkonzern Hidroelectrica, zum anderen der britische Sodahersteller WE Soda aus dem Besitz eines türkischen Oligarchen. Im Vergleich zu der Flaute, die in den vergangenen zwölf Monaten herrschte, als in Deutschland nur die Porsche AG und die United-Internet-Webhostingtochter Ionos an die Börse kamen, wirkt das geradezu wie eine Fülle an Angeboten.
Eine gute Gelegenheit für Nachahmer wird sich daraus wohl kaum ergeben. Eine sommerliche Welle von Neuemissionen ist äußerst unwahrscheinlich. Die Porsche AG war schon ein Sonderfall. Das IPO funktionierte nur, weil die Marke so stark ist, dass niemand wagte, sie zu ignorieren. Seither gab es nur Flopps: Der italienische Wettanbieter Lottomatica und Ionos notieren jeweils weit unter dem Ausgabepreis.
Was im Markt fehlt, ist das Vertrauen von Long-only-Investoren. Sie haben sich in den vergangenen Monaten zu oft die Finger verbrannt. Ein Börsengang ist also auf Hedgefonds angewiesen. Die verabschieden sich aber inzwischen oft schon so früh aus einer Neuemission, dass es sich bei ihren Deals um wenig mehr handelt als um ein Spiel mit dem Greenshoe. Es gibt für sie lukrativere Felder.
Ebenso wie Porsche ist auch Nucera ein Sonderfall. Ein günstiges Umfeld gibt es im Moment – abgesehen vom niedrigen Stand des „Angstbarometers“ Vix – nicht. Im Gegenteil: Das in der Rezession zu erwartende Abschmelzen der operativen Gewinne der Unternehmen hat sich noch nicht in die Aktienkurse durchgefressen. Dennoch hält Thyssenkrupp an einem vor langer Zeit ausgearbeiteten Zeitplan fest. Offenbar setzt man auf den Faktor ESG (Umwelt, Soziales, Governance) – auf die Story vom Wasserstoff als unverzichtbarem Bestandteil der Transformation. Das allein wird nicht genügen. Es fehlt bisher ein Cornerstone-Investor, der das Stirnrunzeln der Zweifler in den Investmentkomitees glättet. So wird der Nucera-Börsengang wohl nur mit Ach und Krach gelingen – und nur dann, wenn es einen deutlichen Abschlag auf die Bewertung der schon notierten Wettbewerber gibt. Jetzt heißt es für alle Finanzmarktakteure: Daumen drücken. Denn wenn IPO-Investoren mit Nucera noch eine Enttäuschung verkraften müssen, wird es für längere Zeit keine Debüts mehr geben.