Der Druck auf Olaf Scholz steigt
Brückenstrompreis
Der Druck auf Scholz steigt
Von Stefan Reccius
Es kommt selten vor, dass die Ministerpräsidentinnen und Landesväter aller 16 deutschen Bundesländer einer Meinung sind. Umso bemerkenswerter ist, was sich mit Blick auf die in Brüssel anberaumte Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Mittwoch und Donnerstag abzeichnet: Die 16 Regierungschefs werden in einer "Brüsseler Erklärung" parteiübergreifend die Einführung eines Brückenstrompreises fordern.
Mit ihrer in dieser Form seltenen Geschlossenheit senden sie in einem hochumstrittenen Thema eine deutliche Botschaft: Unsere Industrie braucht Hilfe. Dass die Landeschefs sie öffentlichkeitswirksam in Brüssel lancieren, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr eigentlicher Adressat in Berlin sitzt, im Bundeskanzleramt: Olaf Scholz.
Der Kanzler laviert bislang in dieser zentralen Frage. Seine Ampel-Koalitionäre sind uneins: Die Bundestagsfraktion seiner eigenen Partei, der SPD, drängt darauf, Finanzminister Christian Lindner von der FDP ist dagegen. Die Signale aus der Wirtschaft sind widersprüchlich: Der Maschinenbauverband VDMA etwa macht gegen einen subventionierten Strompreis mobil – denn der würde jene Mittelständler bestrafen, "die sich früh um alternative Energiequellen bemüht oder am Spotmarkt versorgt haben".
Scholz und die von ihm geführte Bundesregierung stecken also einmal mehr in einer verzwickten Lage. Und die wird durch das einhellige Bekenntnis aus den Ländern nicht leichter. Die Ministerpräsidenten sind sich zwar einig, dass eine irgendwie geartete Subvention der Strompreise für die Industrie nötig ist. Wie genau das funktionieren soll, lassen sie in ihrer "Brüsseler Erklärung" allerdings offen. Denn im Detail gehen ihre Vorstellungen dann doch auseinander.
Und noch etwas könnte dem Vorhaben im Wege stehen: das Europarecht. Denn das setzt Subventionen enge Grenzen, um den Wettbewerb innerhalb der Europäischen Union nicht zu verzerren. In jedem Fall müsste ein wie auch immer gearteter Brückenstrompreis von der EU-Kommission genehmigt werden. Das dürfte allenfalls dann gelingen, wenn er zeitlich befristet und auf bestimmte Unternehmen beschränkt wird.
Die Gemütslage in der EU-Kommission spricht nicht gerade dafür, der größten Volkswirtschaft der EU weit entgegenzukommen: Dort predigt man seit Monaten Enthaltsamkeit: Energiesubventionen seien baldmöglichst einzustellen. Mit ihrer "Brüsseler Erklärung" fordern die Ministerpräsidenten also auch die EU-Kommission heraus – und erhöhen den Druck auf Olaf Scholz, endlich ein Machtwort zu sprechen.