Der EZB tut mehr Demut gut
ms
So kann man sich irren: Im Mai dieses Jahres prognostizierte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel, dass die deutsche Inflation, die damals auf 2,0% geklettert war, im Jahr 2021 bis auf mehr als 3% steigen könnte. Tatsächlich lag die Teuerungsrate nun im November nach EU-harmonisierter Berechnung bei 6,0% und in nationaler Rechnung bei 5,2% – so hoch wie zuletzt 1992. Und noch im September sagten die EZB-Volkswirte für die Euro-Inflation, die zu dem Zeitpunkt 3,0% betrug, für das vierte Quartal 2021 einen Durchschnitt von 3,1% voraus. Tatsächlich lag die Teuerung nun im November auf dem Rekordwert von 4,9% – und im Quartal könnten es am Ende 100 bis 150 Basispunkte mehr sein als im September erwartet. Natürlich muss man zur Ehrenrettung der EZB sagen, dass auch viele andere Auguren mit ihren Prognosen danebenlagen. Aber dennoch sollte das eine Lehre sein, dass die EZB mitunter mehr Demut zeigen sollte, wenn sie auf ihre eigenen Prognosen schaut – und wenn sie in Diskussionen mit jenen, die sich wegen der Inflation sorgen, ihre These vom rein temporären Inflationsanstieg postuliert.