Der J&J-Put wird wirken
Die Märkte feiern den Antritt Joe Bidens als neuer Präsident der Vereinigten Staaten. Mit ihm verbinden sie nicht nur die Hoffnung darauf, dass vieles, was sein Vorgänger Donald Trump unternommen hat, nun rückgängig gemacht wird, sondern auch, dass die weltgrößte Volkswirtschaft in konjunktureller Hinsicht schnell Fuß fasst.
Und da setzen Marktteilnehmer auch auf die designierte US-Finanzministerin Janet Yellen, die für die Märkte ja keine Unbekannte ist, und den aktuellen Fed-Chef Jerome Powell. Sie werden für die Märkte der Janet-und-Jerome-Put (J&J-Put). Yellen leitete von 2014 bis 2018 die US-Notenbank Federal Reserve. Sie war damals schon sehr darauf bedacht, der Konjunktur bloß keinen Schaden zuzufügen und wiegelte bei den seinerzeit einzuleitenden Zinserhöhungen immer wieder ab. Im Blick hatte sie dabei die Konjunktur des eigenen Landes, die Situation am Arbeitsmarkt, die wirtschaftliche Verfassung der Schwellenländer und ob diese eine Zinserhöhung der USA verkraften; die Lage in China war für sie genauso wichtig wie geopolitische Spannungen oder die Verfassung der Finanzmärkte, Währungen oder Rohstoffpreise. Immer wieder wurde die Zinserhöhung unter Verweis auf einen oder mehrere dieser und anderer Faktoren verschoben und lieber noch abgewartet.
Den Worten folgen Taten
Daraus leiten die Märkte ihre Erwartungshaltung an Yellen als Finanzministerin ab, die erste in der Geschichte der USA. Ihre Haltung wird konjunkturfreundlich sein, so die Überzeugung weiter Anlegerkreise. Unter der Trump-Administration wurde zum Jahreswechsel ein 900 Mrd. Dollar schweres Konjunkturpaket verabschiedet. Und Biden stellte kurz danach ein noch größeres Programm in Aussicht. 1,9 Bill. Dollar sollen in die Hand genommen werden, um die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die durch die Pandemie entstehen, zu bekämpfen. Bei einer Anhörung im US-Kongress pochte Yellen darauf, dass es nun an der Zeit sei, „groß zu handeln“ („act big“), um die Wirtschaft zu retten, und warb so für die billionenschweren Konjunkturhilfen. Sie will sich erst später um die Schulden kümmern, die in diesem Zusammenhang unweigerlich entstehen werden. Von Yellen kommt also kräftige Unterstützung für die Wirtschaft – den jetzigen Worten nach zu urteilen. Dass sie ihren Worten wirtschaftsfreundliche Taten folgen lässt, hat sie als Zentralbankchefin schon genügend unter Beweis gestellt. Die Ankündigung dieser Vorhaben versetzte die Märkte in Kauflaune. An den Aktienmärkten herrscht gar Rekordlaune.
Schützenhilfe wird Yellen von ihrem früheren Arbeitgeber bekommen: der Fed. Höhere Staatsausgaben, dazu noch schuldenfinanziert, sollten nach klassischer Lesart auf längere Sicht zu Inflationsanstiegen führen und dann auch die Währungshüter auf den Plan rufen. Das würde bedeuten, dass die Leitzinsen in den USA auf mittlere bis längere Sicht steigen sollten. Somit wäre das Schuldenmachen für die USA mit höheren Zinskosten verbunden. Noch weiß keiner, welche Volumina von Staatsausgaben für die Bewältigung der pandemiebedingten Wirtschaftsmisere erforderlich sind. Gut möglich, dass die Märkte schon bald über Ausweitungen dieser Programme spekulieren. Vieles ist davon abhängig, welche Wirksamkeit die angelaufenen Impfprogramme zeigen und wie sich die konjunkturelle Erholung auf der Basis der jetzt diskutierten und dann später auf den Weg gebrachten Programme gestalten wird. Wie schnell und wie stark zieht die Investitionstätigkeit der Unternehmen an, wie schnell und wie intensiv belebt sich der Konsum der privaten Haushalte? Kommt es überhaupt zu der Teuerungsentwicklung und muss die Fed im Gefolge reagieren? Das lässt sich heute noch gar nicht beantworten. Zudem: Wären viele Notenbanker nicht froh, wenn die Teuerung endlich mal deutlicher anziehen würde – über 2%?
Es ist schwer vorstellbar, dass der jetzige Notenbankchef der USA, Jerome Powell, den konjunkturellen Stimulierungsmaßnahmen seiner Vorgängerin Yellen Steine in Form höherer Leitzinsen in den Weg legen wird. Ein Abwürgen der Stimulierungsmaßnahmen wird er schon gar nicht riskieren wollen und so werden auch seine diesbezüglichen Äußerungen in den kommenden Monaten sehr vorsichtig ausfallen, um bloß keine Renditeanstiege bei US-Staatsanleihen aufkommen zu lassen. Ein Taper Tantrum (Rückführung der Bondkäufe), das die Fondsmanagerumfrage der Bank of America jüngst als Risikofaktor thematisierte, ist wohl eher nicht zu befürchten. Powell wird die Politik Yellens eher wohlwollend begleiten, d.h. die Treasury-Renditen werden nicht allzu stark ansteigen. Der J&J-Put wird wirken. Er wird Aktien stützen und Bondrenditen drücken.