Im BlickfeldPlattformwirtschaft

Der Markt für Tiersitting-Plattformen kommt in Bewegung

Online-Marktplätze für Heimtierbetreuung boomen. In der Branche wächst nicht nur die Nachfrage, sondern mit zunehmender Anbieter-Zahl auch der Konsolidierungsdruck. Wohl dem, der zahlungskräftige Investoren im Rücken hat.

Der Markt für Tiersitting-Plattformen kommt in Bewegung

Der Markt für
Tiersitting-Plattformen kommt in Bewegung

Online-Marktplätze für Heimtierbetreuung boomen. In der Branche wächst nicht nur die Nachfrage, sondern mit zunehmender Anbieter-Zahl auch der Konsolidierungsdruck. Wohl dem, der zahlungskräftige Investoren im Rücken hat.

Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal, heißt es. Ob die Vierbeiner selbst Wert auf diese verbale Job-Differenzierung legen, ist zwar nicht belegt. Klar ist aber, dass beide ganz spezielle Bedürfnisse haben, die auch bei Abwesenheit ihrer Halter erfüllt werden müssen.

Mit der weltweit wachsenden Haustierpopulation und der Ausbreitung der digitalen Plattformwirtschaft ist in den vergangenen Jahren ein großer Markt um die Vor-Ort-Betreuung von Hunden und Katzen entstanden. Immer neue Online-Börsen sind wie Pilze aus dem Boden geschossen, um Tierhalter im Bedarfsfall mit Tier-Sittern zusammenzubringen, die je nach Wunsch entweder nur zur Fütterung oder zum Gassigehen vorbeikommen oder die gleich ganze Nächte und Wochen, teilweise sogar Monate in den vier Wänden der abwesenden Halter verbringen. Die Anbieter finanzieren sich dabei über Gebühren, die entweder pro Buchung oder im Abo erhoben werden. Ein „Airbnb für Haustiere“ – so beschreiben es Unternehmen wie Rover aus den USA oder Cat in a Flat aus Großbritannien. Der Datendienstleister Tracxn zählt derzeit 188 solcher Marktplätze. Mit Rover und Wag haben die zwei bestfinanzierten Firmen ihren Sitz jeweils in den USA.

Mehr Haustiere, mehr Geld

Es ist eine Milliardenindustrie, die wächst. Marktforscher wie Global Markets Insights oder Straits Research beziffern das weltweite Marktvolumen bis 2032 auf mehr als 6 Mrd. Dollar, mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Das liegt den Experten zufolge nicht nur an der stetigen Zunahme der Heimtierpopulation (Schätzungen zufolge soll mittlerweile weltweit jeder zweite Haushalt ein Haustier haben), sondern auch an der verstärkten „Vermenschlichung“ der tierischen Mitbewohner, die – begünstigt durch steigende verfügbare Einkommen – mit immer höheren Ausgaben und vielseitigeren Pflegeangeboten einhergeht.

Das Wachstums- und Synergiepotenzial in der Vermittlung von Tierhaltern und Tiersittern ist auch einflussreichen Finanzinvestoren nicht entgangen. Als weltgrößter alternativer Vermögensverwalter hat Blackstone aus den USA in diesem Jahr Rover übernommen und dabei 2,3 Mrd. Dollar auf den Tisch gelegt. Der 2011 von Aaron Easterly, Greg Gottesman und Philip Kimmey gegründete Haustiersitting-Marktplatz aus Seattle war zehn Jahre nach seinem Start via Spac-Deal an die Börse gegangen. Sein Konkurrent Wag, der anfänglich unter anderem von Softbank und General Catalyst finanziert worden war, folgte ihm ein Jahr später ebenfalls via Spac aufs Parkett, erlitt kurze Zeit später allerdings einen Kurseinbruch, von dem sich die Pennystock-Aktie bis heute nicht erholt hat.

Stark fragmentierte Branche

Das Angebot von Blackstone hatte dem Rover-Papier hingegen ordentlich Schub verliehen – mit 11 Dollar pro Aktie lag es schließlich auch 30% über dem letzten Schlusskurs vor der Ankündigung. Im Zuge der Transaktion wurde Rover schließlich von der Börse genommen. Rover bezeichnet sich selbst heute als weltgrößte Online-Plattform für Heimtierpflege. Zur Gründung kam es, nachdem sich der Golden Retriever des Startup-Investors Greg Gottesman in einer Hundepension eine Hundegrippe eingefangen hatte. Nach einem corona-bedingten Umsatzeinbruch, als viele Heimtierbesitzer ihre Urlaubspläne streichen mussten, waren die Erlöse des Unternehmens in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und hatten 2021, im Jahr des Börsendebüts, erstmals ein positives bereinigtes Ebitda abgeworfen. „Unsere Marktposition ist so gut wie nie zuvor“, sagte Easterly in einem Interview mit dem US-Tech-Portal „GeekWire“ Ende Februar. Die Branche habe bei der Einführung von Technologien lange Zeit hinterhergehinkt und ein großer Teil sei noch immer stark fragmentiert.

Daran scheint man bei Rover etwas ändern zu wollen. Nachdem sich das Unternehmen 2017 den nur ein Jahr jüngeren US-Rivalen DogVacay einverleibt hatte, folgte ein Jahr später mit dem Kauf von DogBuddy aus London der Eintritt in den europäischen Markt. Und nun haben die Amerikaner den nächsten Deal in der Tasche: Der 2014 in London gegründete Katzensitting-Vermittler Cat in a Flat soll ebenfalls Teil von Rover werden. Ende Oktober gaben die beiden Unternehmen die Transaktion bekannt, die „ein weiterer spannender Meilenstein bei der europäischen Expansion von Rover“ ist, wie Rover COO und -President Brent Turner sagte. „Wir glauben, dass es für uns eine große Chance gibt, die Bedürfnisse von Katzeneltern auf der ganzen Welt besser zu erfüllen und freuen uns darauf, Cat In A Flat auf seinem Weg zu unterstützen.“

Sicherheit als Qualitätsfaktor

Für die Katzen- und Hundeeltern dürfte das wohl größte Bedürfnis in der Sicherheit ihrer Vierbeiner liegen – neben möglichst niedrigen Gebühren und einer hohen Benutzerfreundlichkeit der Marktplätze. Dass das Thema von den Anbietern nicht vernachlässigt werden darf, zeigen zahlreiche Negativ-Schlagzeilen rund um Haustiere, die in der Vergangenheit während der Abwesenheit ihrer Halter und bei der Betreuung durch online vermittelte Tiersitter verschwunden oder zu Tode gekommen sind oder misshandelt wurden. Auch Rover ist in dem Zusammenhang schon mehrmals verklagt worden. Um die Sicherheit der zu betreuenden Haustiere zu erhöhen, bietet das Unternehmen unter anderem Hintergrundchecks der Tiersitter, ein verifiziertes Bewertungssystem, ein Erstattungsprogramm für entstehende Tierarztkosten sowie Sachschäden und einen 24-Stunden-Support.

Von Karolin Rothbart, Frankfurt
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