LEITARTIKEL

Der Preis ist heiß

Um festzustellen, dass die Fieberkurve am Markt für Fusionen und Übernahmen in den USA steigt, braucht es eigentlich keine Statistik. CVS Health übernimmt Omnicare für fast 13 Mrd. Dollar; Intel zahlt fast 17 Mrd. Dollar für Altera; Avago greift für...

Der Preis ist heiß

Um festzustellen, dass die Fieberkurve am Markt für Fusionen und Übernahmen in den USA steigt, braucht es eigentlich keine Statistik. CVS Health übernimmt Omnicare für fast 13 Mrd. Dollar; Intel zahlt fast 17 Mrd. Dollar für Altera; Avago greift für 37 Mrd. Dollar bei Broadcom zu; Charter fusioniert in einer fast 90 Mrd. Dollar schweren Transaktion, die eine Übernahme von Bright House einschließt, mit Time Warner Cable: Fast täglich wird ein neuerlicher Milliardendeal vermeldet. Per 1. Juni liegt das angekündigte Transaktionsvolumen mit Beteiligung von Firmen aus den Vereinigten Staaten von Amerika laut Dealogic bei knapp 827 Mrd. Dollar und damit nur noch minimal hinter dem bislang besten Jahresstart 2007.Zuletzt lief es sogar noch besser, als diese Statistik verspricht. Im Mai wurden Mergers & Acquisitions (M & A) über 243 Mrd. Dollar angekündigt – so viel wie noch in keinem Monat zuvor. Die beiden bislang größten Transaktionsvolumina im Monat waren im Mai 2007 und im Januar 2000 mit 226 Mrd. und 213 Mrd. Dollar aufgezeichnet worden. Experten wie Chris Ventresca, der bei J.P. Morgan Co-Chef des M & A-Geschäfts ist, sehen auch in den kommenden Monaten angesichts des schwachen Wachstums hohe Anreize für weitere Akquisitionen.Zuletzt fand das Gros der M & A-Transaktionen zwar weitestgehend in den technologienahen Branchen sowie im Gesundheitssektor statt. Die Konsolidierung unter Kabelnetzbetreibern, Halbleiterproduzenten, Apothekengruppen und Generikaherstellern trug dazu den Löwenanteil bei. Aber auch in anderen Sparten sind teils riesige Deals in Vorbereitung. So hat Monsanto eine Übernahme des eidgenössischen Rivalen Syngenta trotz der erneuten Ablehnung längst nicht aufgegeben. Hier dürften dann mindestens die bislang in Aussicht gestellten 45 Mrd. Dollar fällig werden. Bereits im März wurde die Megafusion der beiden US-Ketchuphersteller Kraft und Heinz beschlossen. Aber auch kleinere Firmen, denen vor kurzer Zeit Schwierigkeiten am M & A-Markt vorhergesagt worden wären, preisen sich mittlerweile offensiv an. So soll sich der in Familienhand befindliche Möbelhersteller Ashley Furniture mit Goldman Sachs über die Möglichkeiten, einen Deal einzufädeln, beraten. Ashley ist zwar mit 4 Mrd. Dollar Jahresumsatz die Nummer 1 in den USA. Das Unternehmen gilt als günstiger Massenhersteller für betagtere Kunden. Beworben wurde bislang mit Produktplatzierungen in der bei Rentnern beliebten Sendung “Der Preis ist heiß”. Nicht unbedingt der Ausweis einer besonders zukunftsträchtigen Position in dem umkämpften Markt. Der angepeilte Übernahmepreis von rund 3 Mrd. Dollar bzw. sogar mehr als 4 Mrd. Dollar inklusive Schulden scheint vor diesem Hintergrund schon gewagt – zumal der Möbelmarkt bestenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich wächst.Dass die Wanek-Familie, die Ashley mehrheitlich kontrolliert, auf eine hohe Bewertung hofft, kann nach den jüngsten Transaktionen dennoch kaum verwundern. So bietet etwa Intel für den konkurrierenden Chipanbieter Altera das 25-fache Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Avago billigt Broadcom eine fast ebenso hohe Bewertung zu. Dabei sind die Wachstumsraten jeweils eher bescheiden. Altera kommt in den zwölf Monaten per 31. März auf 6,9 %, Altera im Ende Dezember abgelaufenen Geschäftsjahr auf 1,5 % – Wachstumsraten, die in der Vergangenheit kaum optimistische Bewertungen zugelassen hätten.Trotz des starken M & A-Geschäfts sind einige US-Investmentbanken noch längst nicht zufrieden. Goldman Sachs, die gerade für Ashley Furniture und Humana nach Kaufangeboten Ausschau hält, rät Firmen in einem neuen Strategiepapier zu noch mehr Übernahmen. Die Begründung ist allerdings fragwürdig. Für Aktienstratege David Kostin ist die aktuelle Durchschnittsbewertung im Leitindex S & P 500 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 längst zu hoch für Rückkäufe. Die von ihm empfohlene Strategie, mehr Akquisitionen zu wagen, hat allerdings einen Haken. Damit sie wesentlich günstiger ausfallen als Aktienrückkäufe, müssten die Firmen überwiegend via Aktientausch zahlen. Zuletzt war bei den übernommenen Firmen aber stets ein hoher Baranteil gefragt. Intel zahlt komplett in Cash, Avago muss zumindest mehr als die Hälfte des Gebots in bar auftreiben. Auch die Offerten von Teva für Mylan und von Mylan für Perrigo enthalten substanzielle Barkomponenten. Nicht nur bei Ashley Furniture gilt derzeit “Der Preis ist heiß”. Wer im aktuellen Marktumfeld zugreift, begibt sich daher in akute Gefahr, sich die Finger zu verbrennen.——–Von Sebastian SchmidDer US-M&A-Markt brummt wie zuletzt 2007. Der Mai brachte sogar das höchste Monatsvolumen überhaupt. Die Gefahr, sich die Finger zu verbrennen, steigt.——-