ANSICHTSSACHE

Der Repo-Markt als Opfer aktueller Regulierungsinitiativen

Börsen-Zeitung, 11.7.2014 Gemessen an ihrer Bedeutung für die Wirtschaft nehmen Repos in der öffentlichen Diskussion bislang nur wenig Raum ein. Was genau ist Sinn und Zweck dieses Finanzmarktinstruments? Ein Repo beinhaltet den Verkauf von...

Der Repo-Markt als Opfer aktueller Regulierungsinitiativen

Gemessen an ihrer Bedeutung für die Wirtschaft nehmen Repos in der öffentlichen Diskussion bislang nur wenig Raum ein. Was genau ist Sinn und Zweck dieses Finanzmarktinstruments? Ein Repo beinhaltet den Verkauf von Wertpapieren und die gleichzeitige Verpflichtung, diese zu einem späteren Termin zurückzukaufen. Es handelt sich also um einen mit Wertpapieren besicherten Kredit. Durch Repos können Parteien, etwa eine Bank, Geld aufnehmen oder anlegen. Ziel ist der Ausgleich kurzfristiger Liquiditätsspitzen. Dadurch steigern Repos die Effizienz der Geldversorgung; bei gleicher Gesamtliquidität kann so mehr Kredit an die Wirtschaft vergeben werden.Dass hingegen Profitstreben und Spekulation nicht primäres Ziel sind, zeigt sich auch in den derzeitigen Zinssätzen bei Repos. Derzeit liegen diese praktisch bei null. Übertreibungen und somit Gefahren für die Finanzstabilität durch Repos sind kaum vorstellbar. Weitergabe der EZB-PolitikEine weitere wichtige Funktion der Repo-Märkte ist die Weitergabe der geldpolitischen Entscheidungen von Zentralbanken. Ohne einen funktionierenden Repo-Markt läuft die EZB Gefahr, sowohl stumm – ihre Instrumente bleiben wirkungslos – als auch taub zu werden – sie erhält keine Signale aus den Märkten. Insofern unterstützt der Repo-Markt nicht nur die Geldversorgung, sondern dient auch als Indikator für die Wirksamkeit der Geldpolitik. Nicht zuletzt dies ist ein Grund, warum die EZB mit ihren Entscheidungen versucht, den Geldmarkt, zu dem der Repo-Markt gehört, zu fördern. Viele GefahrenAllerdings stehen den Bemühungen der Zentralbanken, die Repo-Märkte zu stärken, nicht zu unterschätzende Hindernisse im Weg. Denn trotz all der genannten Vorteile scheint der Repo-Markt aktuell das bevorzugte Opfer verschiedener Regulierungen zu werden. Ohne die übergeordnete Sinnhaftigkeit verschiedener Regulierungsinitiativen direkt in Frage stellen zu wollen, ist es doch dringend angebracht, auf deren negative Auswirkungen für die Repo-Märkte hinzuweisen. Dies umso mehr, da es als Lehre aus der Krise Wunsch praktisch aller Regelsetzer war und ist, unbesicherte Finanzierung durch besicherte zu ersetzen. Sollten da die Repo-Märkte nicht durch sinnvolle Regulierung unterstützt werden? Das Gegenteil ist – vielfach ungewollt – der Fall, wenn wir uns ausgewählte aktuelle Regulierungsvorhaben anschauen.Auch wenn ungewiss ist, ob und in welcher Form eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird, ist eines doch klar: Sollten Repo-Geschäfte besteuert werden, hätte dies schwerwiegende Auswirkungen. Dies ergibt sich sofort aus den derzeitigen Zinssätzen für Repos von 0,01 bis 0,03 %. Bei einem Steuersatz von 0,1 % wären Repos sinnlos. Selbst bei deutlich höheren Repo-Sätzen bleibt zu bedenken, dass diese aufs Jahr bezogen sind, der Steuersatz aber für jedes Geschäft anfällt. Unabhängig von der Höhe der Zinssätze wäre der kurzfristige Repo-Markt tot. Systematisch benachteiligtDie Liquiditätsquote NSFR soll dafür sorgen, dass langfristige und weniger liquide Vermögenswerte durch langfristig stabile Refinanzierung unterlegt werden. Allerdings macht die NSFR keinen Unterschied zwischen besicherter und unbesicherter Finanzierung und verkennt damit, dass im Stressfall ein Gläubiger, dessen Kredit via Repo besichert ist, vollkommen anders reagieren wird als ein unbesicherter Gläubiger. Weiterhin werden Repos unter sechs Monaten mit Versicherungen, Geld- und Investmentfonds systematisch benachteiligt, obwohl diese Adressen ein wichtiger Liquiditätsspender sind. Erhält eine Bank durch einen Repo Geld von diesen Parteien, werden diese Mittel regulatorisch nicht als Finanzierung anerkannt. Vergibt eine Bank aber spiegelbildlich einen besicherten Kredit an diese Parteien, muss dieser Kredit mit stabiler Refinanzierung unterlegt werden. MeldeanforderungenDa sich Schattenbanken über sogenannte Wertpapierfinanzierungsgeschäfte, zu denen Repos gehören, finanzieren können, fordert die EU-Kommission die Meldung aller Geschäfte sowie gewisse Begrenzungen für die Weiterverwendung erhaltener Sicherheiten. Allerdings werden diese Regelungen auch für Geschäfte ohne Schattenbankbeteiligung verlangt.Die Meldeanforderungen wären für Repos aufwendig und zum Teil unsinnig. So müssen auch Übernachtgeschäfte am folgenden Tag, wenn also die Geschäfte schon ausgelaufen sind, gemeldet werden. Bei den Regelungen zur Weiterverwendung geht die EU-Kommission, obwohl sie es eigentlich besser wissen müsste, zudem leider deutlich über die zugrunde liegenden FSB-Vorschläge hinaus. Auch bei Repos soll die Weiterverwendung an Bedingungen geknüpft werden. Dies würde faktisch einen Eingriff in die Eigentumsrechte bedeuten, da bei Repos Eigentum vollständig übertragen wird. Höhere KostenAll diese Auswirkungen – ob gewollt oder nicht – erschweren das Repo-Geschäft. Als Konsequenz werden Repos entweder teurer, oder Marktteilnehmer ziehen sich komplett vom Markt zurück. Neben den negativen Auswirkungen für das Liquiditätsmanagement und damit auf die Kreditvergabe würde dies auch zu weniger Liquidität für die als Sicherheiten verwendeten Wertpapiere führen. Für Emittenten dieser Wertpapiere – insbesondere Staatsanleihen – liefe das auf höhere Kreditkosten hinaus.Alles im Sinne der Finanzmarktstabilität? Oder sollten nicht vielmehr alle Regelsetzer zusammen mit den Zentralbanken an einem Strang ziehen?Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken.In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.Von Michael Kemmer Viele Regulierungsinitiativen haben – gewollt oder ungewollt – negative Auswirkungen für die Repo-Märkte.——-