KommentarDie Strafverfolgung lahmt seit Jahren

Der Staat muss aktiver werden

Die Strafverfolgung bei Cum-cum-Fällen, dem großen Bruder von Cum-ex, kommt schon seit Jahren nicht in Gang. Das kommende Bürokratieentlastungsgesetz baut eine neue Hürde auf. Der Staat muss seine Anstrengungen deutlich erhöhen. Mehr und besser ausgebildetes Personal in Finanzverwaltungen und Staatsanwaltschaften ist erforderlich.

Der Staat muss aktiver werden

Cum-cum

Der Staat muss aktiver werden

Von Thomas List

30 Mrd. Euro mindestens gehen dem deutschen Staat verloren. Dafür sparen die Unternehmen im Jahr 12 Euro. Das soll die Folge des Bürokratieentlastungsgesetzes IV sein, das am 26. September zur Verabschiedung im Bundestages ansteht. Ursache dieses kaum zu glaubenden „Tauschgeschäfts“ ist nach Darstellung der Bürgerinitiative Finanzwende die im Gesetz vorgesehene Verkürzung der Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege und Rechnungen.

Aus dieser Sicht ist die Forderung verständlich, diesen Passus gänzlich zu streichen. Allerdings greift das zu kurz. Denn der eigentliche Skandal ist ja, dass in Sachen Cum-cum, dem „großen Bruder“ von Cum-ex, bisher wenig passiert ist. Es sollen sich Vorgänge im steuerlichen Wert von 6 Mrd. Euro in Prüfung befinden. 237 Mill. Euro zu Unrecht eingenommener Steuerrückerstattungen haben sich die Finanzbehörden zurückgeholt. Das ist der Stand von Ende 2022. Jetzt dürfte es mehr sein, aber sicherlich weit entfernt von den 28,5 Mrd. Euro, auf die der Staat bei Cum-cum ein Anrecht hätte.

Warum passiert hier nicht mehr? Die Kapazitäten bei den Finanzämtern, Steuerfahndern und in der Staatsanwaltschaft reichen nicht aus, heißt es schon seit Jahren. Warum werden die nicht deutlich aufgestockt? Bezahlt machen würde sich das allemal. Warum werden nicht weitere Spezialistenteams in Finanzverwaltung und Staatsanwaltschaft aufgebaut, die sich nur mit solchen, sehr komplexen Vorgängen beschäftigen? Dazu müssten die ja erst mühsam ausgebildeten Spezialisten dann auch über eine längere Zeit auf ihrer Stelle bleiben und nicht nach wenigen Monaten wieder wegrotiert werden.

Warum nicht? Da fällt einem ein Hamburger Cum-ex-Fall ein, bei dem wohl der Hinweis fiel, die im Raum stehende Steuerrückzahlung könnte die Existenz der betroffenen Bank gefährden. Da Cum-cum auch bei vielen kleineren Instituten vorgekommen sein soll, könnte es zu vielen Schieflagen kommen. Das kann kein Grund sein, eine Strafverfolgung zu verschleppen. Die Folge wäre mehr Staatsverdrossenheit und letztlich Wasser auf die Mühlen von Populisten.

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