LEITARTIKEL

Die Aufspalter

Der Spaltpilz macht sich breit. Allein 2015 soll auf Spin-offs, also die Aufspaltung und Verteilung der Aktivitäten an die bisherigen Aktionäre, fast ein Zehntel des globalen M & A-Volumens entfallen sein. Selbstverständlich nehmen die USA, wo...

Die Aufspalter

Der Spaltpilz macht sich breit. Allein 2015 soll auf Spin-offs, also die Aufspaltung und Verteilung der Aktivitäten an die bisherigen Aktionäre, fast ein Zehntel des globalen M & A-Volumens entfallen sein. Selbstverständlich nehmen die USA, wo Aktionärsaktivisten zum Zerlegen der Konzerne drängen und obendrein Steuerthemen Anreize setzen, dabei die Vorreiterrolle ein. Doch auch hierzulande verlegen sich immer mehr Konzerne aufs Aufspalten, nicht zuletzt getrieben von der Hoffnung, dass die Summe der Einzelteile mehr wert ist. Je nachdem, welche Werthaltigkeit dem abzutrennenden Geschäft beigemessen wird, läuft die Abspaltung über einen Spin-off oder einen Börsengang. Ersteres bietet den Vorteil der Platzierungssicherheit, beim klassischen Börsengang dagegen fließt Geld – sei es in die Kasse des Mutterkonzerns und/oder des Börsenneulings.Eon beispielsweise, die sich im zweiten Halbjahr via Spin-off von ihrer Kraftwerkstochter trennt, hat von Anbeginn auf den Spin-off gesetzt – wissend um die geringe Attraktivität der konventionellen Stromerzeugung. RWE dagegen packt in den abzutrennenden Teil das Geschäft rund um die erneuerbaren Energien und zielt auf einen klassischen Börsengang ab. Im Vordergrund steht das Einsammeln frischer Gelder zur Finanzierung der Zukunftsgeschäfte. Im Gewand der alten RWE verbleibt das unter Druck stehende Erzeugungsgeschäft, in dem es vor allem um die Beseitigung von Altlasten geht.Ob Siemens mit Osram, Sixt mit dem Leasinggeschäft oder Bayer mit Covestro, sie alle setzten zuletzt auf das klassische IPO. Das geht schneller als ein Spin-off, bei dem auch die Hauptversammlung zustimmen muss. Umgekehrt zieht sich die Trennung über einen längeren Zeitraum hin, können die Aktien doch nicht auf einen Schlag auf den Markt geworfen werden. So ist Bayer nach dem Börsengang von Covestro noch mit fast 70 % am Kunststoffgeschäft beteiligt. Siemens, die das Leuchtmittelgeschäft schon Mitte 2013 an die Börse schickte, hat den Zeitpunkt zum Ziehen des Schlussstrichs verpasst und liegt – noch knapp ein Fünftel der Osram-Aktien im Besitz – im Clinch mit der Tochter über deren Strategieschwenk.Mit Metro schickt sich nun ein weiterer Konzern an, sein angestammtes Geschäft in zwei voneinander unabhängige Unternehmen aufzuteilen. Dabei ist der Spin-off gesetzt, bis Mitte 2017 soll es so weit sein. Geworben wird mit dem größeren Handlungsspielraum, den beide Gesellschaften durch die Trennung gewinnen. Willkommenes Nebenprodukt: mehr Transparenz. Zudem gibt es kaum Synergien zwischen dem Lebensmittelhandel auf der einen und dem Geschäft mit Unterhaltungselektronik auf der anderen Seite. Letztlich will Metro den Konglomeratsabschlag loswerden, auch wenn den zweitgrößten deutschen Handelskonzern bis vergangene Woche vermutlich niemand als Konglomerat bezeichnet hätte.Kein Zweifel besteht indes daran, dass das Metro-Management seit Jahr und Tag versucht, den Wert der Einzelteile auch in der Börsenbewertung wiederzufinden. Schon Ende 2013 hatten die Düsseldorfer einen Börsengang des russischen Großhandelsgeschäfts erwogen und damit vorübergehend 1 Mrd. Euro an Marktkapitalisierung gewonnen. Die Pläne verschwanden jedoch im Staub der auf die Krim zurollenden russischen Panzer. Auch den Börsengang und damit die Kapitalisierung der auf den Handel mit Consumer Electronic spezialisierten Media-Saturn-Holding hatte Metro in der Vergangenheit mehrfach ins Auge gefasst. Die Realisierung scheiterte allein an der Zustimmung des mit einem Vetorecht ausgestatteten Minderheitsgesellschafters. Mit dem Spin-off des Lebensmittelhandels wird dieses Hindernis nun umschifft, denn im alten Rechtskleid verbleibt die Beteiligung am Elektronikgeschäft.Zumindest an der Börse wurde ob der Pläne mit Vorschusslorbeeren nicht gegeizt. Die Rechnung 1 + 1 > 2 geht am Ende jedoch nur auf, wenn es Metro gelingt, die 2012 eingeläutete Neuaufstellung der einzelnen Vertriebslinien auch in steigende Ergebnisse und Margen umzumünzen. Denn die Restrukturierung ist auch nach vier Jahren weder in der Consumer Electronic noch im Lebensmittehandel abgeschlossen. Dass die Aktionäre Ergebnisse sehen wollen, bevor sie neue Freibriefe ausstellen, zeigte sich kürzlich im Rahmen der Hauptversammlung, als das Management die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals kurzerhand von der Tagesordnung strich. Nur gut, dass die Stammaktionäre Haniel, Schmidt-Ruthenbeck und Beisheim die Aufspaltungspläne unterstützen.——–Von Annette BeckerDas Aufspalten von Konzernen ist auch in Deutschland en vogue, getrieben von der Hoffnung, dass die Summe der Einzelteile an der Börse mehr wert ist.——-