Die Crash-Gefahr nimmt zu
Finanzmärkte
Crash-Gefahr
nimmt zu
Von Kai Johannsen
Es kann selbstverständlich reiner Zufall sein, dass EZB-Volkswirt Philip Lane ausgerechnet jetzt darauf hinweist, dass das Leitzinsniveau in der Eurozone nun ein die Volkswirtschaften bremsendes Niveau erreicht hat. Auffällig ist aber schon, dass Lane diesen Hinweis gerade einen Tag, nachdem der weltweite Sell-off an den Anleihemärkten stattfand, gibt. Denn die Akteure an den Bondmärkten hatten sich ja ohnehin schon seit Wochen dafür positioniert, dass das Ende der Fahnenstange bei den Leitzinsanhebungen mittlerweile erreicht ist und diese nun die Wirtschaft abbremsen. Und jetzt haben viele Investoren diese Einschätzung gerade gedreht: Sie stellen sich darauf ein, dass die Notenbanken doch auf „höher für länger“ gehen, was die Leitzinsen betrifft. Bonds wurden zwar nicht verramscht, aber doch in größerem Umfang verkauft. Und genau diese Renditeanstiege, die durch die jüngsten Bondverkäufe entstanden sind und Niveaus erreichten, die zum Teil seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen wurden, dürften auch bei der EZB ja nicht unbemerkt geblieben sein. Die EZB könnte die Märkte also auch beruhigen wollen – so lassen sich Lanes Äußerungen ebenfalls interpretieren.
Der Bondmarkt sendet auch klare Signale. Die Renditesteigerungen selbst treffen natürlich auch die Volkswirtschaften über diverse Finanzierungsformen. Das wissen auch die EZB-Verantwortlichen. Nun gut: Ein Tag von Verkäufen schmeißt nicht alles um, denn viele gehen ja davon aus, dass die Anleiherally in Erwartung von sinkenden Leitzinsen sowieso nur vertagt ist, aber keineswegs aufgehoben.
Aber von den Märkten kommen ja auch noch andere negative Konjunktursignale. Die Aktienkurse gingen in die Knie, auch wenn das noch wahrlich kein Crash war. Und der Ölpreis ist ebenfalls deutlich nach unten gesaust. Denn Marktteilnehmer erwarten, dass die Wirtschaftstätigkeit – womöglich sogar ganz gehörig – über die höheren Zinsen in Mitleidenschaft gezogen wird. Für die Märkte bleibt es in diesen Tagen wacklig, die Crash-Gefahr nimmt zu. Gut möglich, dass es kurzfristig noch mal sehr heftige Ausschläge nach unten geben wird: bei Anleihekursen, Aktien oder dem Ölpreis. Es ist ja Oktober, da ist schon viel an den Märkten passiert.