Notiert inParis

Die Hobbys der Millionäre

Normale Franzosen investieren in Immobilien, die Superreichen in Rennpferde und eigene Medien. Der Letzte im Bunde ist CMA-CGM-Chef Rodolphe Saadé, der Vivendi-Hauptaktionär Vincent Bolloré mit einer neuen Sonntagszeitung die Stirn bieten will.

Die Hobbys der Millionäre

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Die Hobbys der Millionäre

Von Gesche Wüpper

Sie gehen seltener ins Restaurant oder verkürzen den Urlaub. Die Inflation wirkt sich in diesem Sommer auf das Reiseverhalten vieler Franzosen aus, jedoch nicht auf die Stimmung von Rennstallbesitzern aus aller Welt, die am Wochenende zu den Jährlingsversteigerungen in den Nobel-Badeort Deauville in der Normandie gereist sind. Als gäbe es keine Krise, haben sie dem auf Vollblüter spezialisierten Auktionshaus Arqana einen neuen Rekordumsatz beschert und für knapp 57 Mill. Euro fast alle der rund 300 angebotenen 18 Monate alten Fohlen gekauft. Die Jährlingsauktionen gibt es bereits seit 1887 in Deauville. Der mondäne Badeort, der sich bei der feinen Pariser Gesellschaft großer Beliebtheit erfreut, weil er in nur zwei Stunden mit dem Auto oder der Bahn von der Hauptstadt aus zu erreichen ist, gilt auch als Zentrum der Pferdezucht. Unzählige Gestüte haben ihren Sitz in der Nähe, darunter das des Aga Khan, mit dem das zur Dassault-Gruppe gehörende Auktionshaus Artcurial 2006 Arqana gegründet hat. Inzwischen ist Arqana der zweitgrößte Veranstalter von Jährlingsversteigerungen nach Tattersalls aus Großbritannien.

So wie die Jährlingsversteigerung in Deauville in Frankreich die Rückkehr aus der traditionellen Sommerpause einleitet, so läutet die jedes Jahr von dem Wirtschaftsmagazin „Challenges“ veröffentlichte Rangliste der 500 reichsten Franzosen den Beginn der Sommerferien ein. Die Firmenerben der Dassault-Gruppe finden sich dort mit einem auf 32 Mrd. Euro geschätzten Vermögen aktuell auf Rang 6, hinter LVMH-Chef und „Challenges“-Eigentümer Bernard Arnault, der Hermès-Familie, den Chanel-Besitzern Alain und Gérard Wertheimer, L‘Oréal-Erbin Françoise Bettencourt Meyers und CMA-CGM-Chef Rodolphe Saadé und seiner Familie. Nicht nur ihnen hat Frankreich zu verdanken, dass es in dem diesjährigen Weltvermögensreport von UBS und Credit Suisse Japan vom dritten Platz der Länder mit den meisten Millionären verdrängt hat. 2,8 Millionen Menschen mit einem Vermögen von mehr als 1 Mill. Dollar gibt es hier, dafür jedoch „nur“ 3.890 Superreiche, die mehr als 50 Mill. Dollar besitzen. Ein Grund für den Anstieg der Zahl der Millionäre in Frankreich ist der Immobilienmarkt, der bisher im Vergleich zu Finanzanlagen weniger gelitten hat. Immobilien sind in Frankreich als Geldanlage sehr beliebt.

Saadés Kampfansage an Bolloré

Die Superreichen legen sich gerne auch ihre eigenen Medien zu. Die wichtigsten Zeitungen, Zeitschriften und Radiosender gehören deshalb Industriellen. Letzter im Bunde ist CMA-CGM-Chef Rodolphe Saadé. Seine Werftengruppe hat gerade die Wirtschaftszeitung „La Tribune“ übernommen. Sie besitzt bereits eine Beteiligung von mehr als 10% an der zweitgrößten französischen Privatfernsehsendergruppe M6 sowie die Regionalzeitung „La Provence“ aus ihrer Heimatstadt Marseille. Damit nicht genug, denn Saadé verfolgt nun ehrgeizige Pläne für „La Tribune“. Sie soll im Oktober mit einer eigenen Sonntagszeitung an den Start gehen.

Die Ankündigung gleicht einer Kampfansage an Vivendi-Hauptaktionär Vincent Bolloré, der gerade dabei ist, die Lagardère-Gruppe zu übernehmen, der das „JDD“ ("Journal du dimanche") gehört, die bekannteste Sonntagszeitung des Landes. „JDD“ sorgte zuletzt für zahlreiche Negativ-Schlagzeilen, da fast die gesamte Redaktion 40 Tage lang streikte und viele Redakteure gekündigt haben, um gegen die Ernennung des als rechtsextrem bekannten Journalisten Geoffroy Lejeune als Chefredakteur zu protestieren. Die Sonntagszeitung konnte deshalb sechsmal nicht erscheinen.

Viele Beobachter wittern hinter der Ernennung Lejeunes die Handschrift Bollorés, da auch andere Medien, die ihm gehören, einen stramm rechten Kurs verfolgen. Brüssel will nun untersuchen, ob Bolloré bereits vor der Übernahme von Lagardère Entscheidungen der zu der Gruppe gehörenden Medien beeinflusst hat.

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