LeitartikelAktienmarkt

Die hohen Risiken der Glorreichen 7

Die Erwartungen an die bereits teuren Aktien der Magnificent 7 sind extrem hoch. Da kann es leicht zu Enttäuschungen kommen, zumal in den kommenden Monaten eine schwierige Börsenphase bevor steht.

Die hohen Risiken der Glorreichen 7

Aktienmarkt

Die hohen Risiken der Glorreichen 7

Die Erwartungen an Mag7 sind hoch. Da kommt es leicht zu Enttäuschungen, zumal die schwache Phase beginnt.

Von Werner Rüppel

Erinnern Sie sich noch an die Überflieger-Aktien der Nifty Fifty? Oder an den Dotcom-Boom und den Neuen Markt, als in Frammersbach beim Zeitungshändler Philips Franz Anlegermagazine für gute Kunden unterm Ladentisch gehortet wurden? Als dann die Blase am Neuen Markt geplatzt war und mit ihnen die der Neuer-Markt-Fonds, wurde mit den sogenannten BRICS-Fonds die nächste angeblich lang anhaltende Erfolgsstory entdeckt. Bei all diesen Spekulationen galt stets: Früh dabei sein ist alles, und den Letzten beißen die Hunde.

Die aktuelle Spekulation am Aktienmarkt heißt nun Magnificent 7, kurz Mag7, oder auf Deutsch dann die Glorreichen Sieben. Dank der durch künstliche Intelligenz (KI), Cloud und der Digitalisierung sämtlicher Geschäftsprozesse verbundenen Wachstums- und Ertragsfantasie sind die Kurse der Mag7, also Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Tesla und Amazon, massiv geklettert. Insbesondere der Kurs von Nvidia, dem Spezialisten für KI-Chips, hat auf Jahresfrist rund 140% und in den vergangenen drei Jahren etwa 470% zugelegt. Und über fünf Jahre hat sich der Kurs sogar verfünfundzwanzigfacht.

Fed wird bald lockern

Doch nicht allein die KI-Fantasie treibt die Kurse. Big Tech arbeitet hochprofitabel, was zu Dotcom-Zeiten nicht immer der Fall war, und hat in den vergangenen Quartalen mit steigenden Erträgen die Erwartungen erfüllt. Hinzu kommt noch die Zinswende, einige Notenbanken haben ihre Leitzinsen bereits gesenkt, bei anderen wie der Fed dürften Lockerungen in wenigen Wochen bevorstehen. Insofern ist das „Risk-on-Szenario“ durchaus intakt, steigende Gewinne und niedrigere Leitzinsen sind nun einmal die Treiber für höhere Aktienkurse.

Warum gab es zuletzt dann bereits signifikante Kursrückschläge bei den Mag7, und warum ist es aktuell besonders riskant, größere Investments in diesen Titeln zu tätigen? Dafür sprechen mehrere Gründe. Der Aktienmarkt ist in den vergangenen Monaten auf wenigen Töpfen gelaufen, und so hat sich das Bewertungsniveau gerade dieser Titel massiv erhöht. Entsprechend liegt das für 2024 von den Analysten erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei Nvidia bei mehr als 40 und bei Microsoft und Apple bei rund 30. Noch viel höher ist Tesla bewertet, das angesichts der starken Konkurrenz aus China bei Elektroautos ohnehin eher ein Kandidat für den Rückwärtsgang zu sein scheint. Die Kunst der Aktienanlage besteht eigentlich darin, günstig einzukaufen und teuer zu verkaufen, und nicht andersherum.

Extrem hohe Erwartungen

Mit ansprechenden Zahlen von Big Tech im laufenden Jahr sind auch die Erwartungen immens gestiegen. In den kommenden Tagen stehen nun die Quartalszahlen der großen Technologiewerte an. Je höher aber die Erwartungen, desto schwerer fällt es, diese zu übertreffen. Insofern sind Enttäuschungen gut möglich. Und Tesla und Alphabet haben jüngst gezeigt, dass nicht befriedigende Zahlen schnell zu deutlichen Kurskorrekturen führen. Dies ist der Grund, warum etliche Aktienprofis bei den Mag7 aktuell ein erhebliches Enttäuschungspotenzial ausmachen.

Vor dem Hintergrund erwarteter Zinssenkungen erwärmen sich auch immer mehr Investoren für bisher vernachlässigte und moderat bewertete Titel. Und dies inklusive Dividendenperlen wie zum Beispiel einer Allianz, die aktuell eine Ausschüttungsrendite von mehr als 5% abwirft. Umschichtungen treffen dann aber auch die teuren Tech-Aktien.

Saisonal schwache Monate

Last but not least gibt es für Aktien und insbesondere für Tech-Werte ein ausgeprägtes saisonales Muster. So kommt es besonders in den Monaten August und September zu deutlichen Kurskorrekturen, und das vor allem dann, wenn die Kurse zuvor zu heiß gelaufen sind, wie es bei den Mag7 der Fall zu sein scheint. Langfristig betrachtet ist dann im Oktober oder Anfang November die beste Zeit, um in Tech einzusteigen.

Alles in allem sollten Investoren daher jetzt den Sommer genießen und den Ball bei den Mag7 lieber flach halten.

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