Die Last mit den Sonderlasten
Wie viele Jahre des Übergangs kann sich ein global aufgestellter Konzern leisten, bevor die Aktionäre die Geduld verlieren? Diese Frage haben in den vergangenen Jahren einige Großkonzerne wie Metro oder auch ThyssenKrupp aufgeworfen. Beim Handelskonzern Metro gab der Familienkonzern Haniel mit der Auflösung des Poolvertrags mit den Metro-Gründern Schmidt-Ruthenbeck Ende vorigen Jahres zumindest eine vorläufige Antwort.Während in Duisburg – Haniel ist mit einer Beteiligung von 30 % nach wie vor der größte Einzelaktionär – nun “nur” noch ein passender Zeitpunkt zur Veräußerung abgepasst werden muss, warten die Brüder Schmidt-Ruthenbeck unverdrossen auf das Ende des 2012 eingeläuteten Konzernumbaus. Zwar hatte Metro-Chef Olaf Koch gleich zu Beginn von einem Marathonlauf gesprochen, auf die Anzeige der im Zeitablauf zurückgelegten Kilometer hatte er aber wohlweislich verzichtet.Seit Herbst 2014 mit einem neuen Anstellungsvertrag ausgestattet, scheint sich der Performance-Druck für Koch ohnehin abgemildert zu haben, derweil die Rückkehr zu früheren Ertragsniveaus weiter auf sich warten lässt. Mit den für den neuen Turnus in Aussicht gestellten “leichten Zuwächsen” bei Umsatz und bereinigtem operativem Ergebnis lässt sich jedenfalls kein Investor mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Immerhin machten die jüngst veröffentlichten Umsatzzahlen, in denen das maßgebliche Weihnachtsgeschäft enthalten ist, Hoffnung auf erste Umbauerfolge.Ob die höheren Erlöse, die Metro zumindest in flächenbereinigter Rechnung zeigte, am Ende aber auch in höheren operativen Ergebnissen münden, wird sich erst mit Vorlage des Quartalsberichts Mitte Februar weisen. Bekanntermaßen ist Umsatzwachstum im Handel, selbst in flächenbereinigter Rechnung, nicht notwendigerweise mit steigenden Erträgen und schon gar nicht mit steigenden Margen gleichzusetzen. Denn Erlöse können inflationsbedingt steigen oder auch mit Preisaktionen erkauft werden – Letzteres etikettiert der Handel dann als Preisinvestition.Dass Koch zum radikalen Konzernumbau bei seinem Amtsantritt 2012 keine Wahl blieb, ist wenig umstritten, hatte Vorgänger Eckhard Cordes doch zu lange auf die Zerschlagungskarte gesetzt und dabei das operative Geschäft aus dem Blick verloren. Koch hingegen war sich nicht zu fein, das Geschäftsmodell jeder Vertriebslinie zu hinterfragen und bei Bedarf umzukrempeln. Mit Ausnahme der Warenhäuser Galeria Kaufhof gab es allerdings in jeder Division erheblichen Reparaturbedarf, der auch mit Portfoliobereinigungen einherging.Im Großhandel Cash & Carry, der wichtigsten Division, zog sich Metro in den vergangenen Jahren aus Ägypten, Dänemark, Griechenland und Großbritannien zurück. Bei Real beendete Metro ihr gesamtes Auslandsengagement, und auch die Elektronikhandelskette Media-Saturn blies zum Rückzug aus Frankreich und China.Das schlug sich nicht nur im Konzernumsatz nieder, der ausgehend von 67 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2011 auf zuletzt 63 Mrd. Euro absackte, sondern auch in dem um Sonderfaktoren bereinigten operativen Ergebnis. Dieses klappte um 30 % auf 1,7 Mrd. Euro zusammen, inklusive Sonderlasten war gar ein Einbruch um fast 40 % zu verkraften.Besonders betrüblich dabei: Das Thema Sonderfaktoren wird Metro auch künftig begleiten, obwohl in den vergangenen drei Jahren schon mehr als 1 Mrd. Euro an außerordentlichen Aufwendungen geltend gemacht wurden. Ganz abgesehen davon, dass es sich bei den Sonderlasten nicht immer um “außerordentliche” Posten handelt. So lässt sich beispielsweise trefflich streiten, ob Filialschließungen bei einem Handelskonzern mit 2 200 Einzelstandorten einmalige Ereignisse darstellen oder im Sinne eines aktiven Portfoliomanagements nicht eher zum Alltagsgeschäft gehören.Zu denken geben muss außerdem, dass die kostspieligen Aufwendungen zur Effizienzverbesserung bislang noch keine nachhaltige Wirkung entfaltet haben. Im Gegenteil: Die bereinigte operative Marge landete zuletzt bei schmalen 2,7 % – dem niedrigsten Niveau seit mehr als zehn Jahren. Das zehrt an der Glaubwürdigkeit des Managements. Es ist also höchste Zeit zu zeigen, dass die Jahre des Übergangs bei Metro nicht zum Dauerzustand geworden sind. Dann nämlich gibt es erst recht keinen Grund mehr zum Herausrechnen hoher Sonderlasten.——–Von Annette BeckerFür Metro ist es höchste Zeit zu zeigen, dass die Jahre des Übergangs nicht zum Dauerzustand geworden sind.——-