KommentarChristian Olearius beim Cum-ex-Prozess

Die Schuld der Anderen

Verantwortung für die Geschäfte der Warburg Bank unter seiner Führung will Christian Olearius nicht übernehmen. Nur in einem Aspekt hat das Warburg-Lager recht.

Die Schuld der Anderen

Cum-ex

Die Schuld
der Anderen

Von Antje Kullrich

Verantwortung will Christian Olearius nicht übernehmen. Nur in einem Aspekt hat er recht.

Es war ein bemerkenswerter Auftritt von Christian Olearius am Montag vor dem Bonner Landgericht. Das lag weniger am Inhalt seiner halbstündigen Einlassung: Dass der 81-Jährige auf seiner Unschuld beharren würde, war schon lange vor Beginn des Prozesses und spätestens nach den vier Vorträgen seiner Anwälte klar. Es war vielmehr die Haltung: Da saß ein zutiefst gekränkter Mann, Ex-Bankier, Mäzen und jahrzehntelang hochangesehener Bürger, der heute die Welt nicht mehr versteht. Olearius zelebrierte seine Opferrolle. Die Staatsanwaltschaft – oberflächlich und tendenziös, die Medien – vorverurteilend und einseitig, die ehemaligen Geschäftspartner – verschleiernd bis lügend, selbst die Justiz – voreingenommen. In der Sicht des Christian Olearius sind alle Anderen schuld an seinem Abstieg, seiner verlorenen Reputation. Das einzige Zugeständnis einer eigenen Verantwortung lautet, „vielleicht blauäugig“ gewesen zu sein.

Ob sein Pflichtverteidiger Bernd Schünemann Olearius einen Dienst erwies, indem er dessen Ausführungen in ähnlich emotionaler Tonlage ergänzte? Schünemann überreizte seinen Vortrag, indem er sich zu der Aussage „immer nur Warburg wird zum Sündenbock gemacht“ verstieg – und schon lange laufende oder bereits abgeschlossene Prozesse zu anderen Cum-ex-Komplexen wie Maple Bank, HVB oder Duet einfach unter den Tisch fallen ließ.

Recht haben die Warburg-Vertreter allerdings damit, dass zahlreiche Ecken der Cum-ex-Szene noch viel zu wenig öffentlich beleuchtet worden sind. Womit wir beim politischen Aufreger der vergangenen Wochen wären: NRW-Justizminister Benjamin Limbach ist mit seinem Vorhaben gescheitert, die Cum-ex-Abteilung der Kölner Staatsanwaltschaft aufzuspalten. Gelesen wurde das als versuchte Entmachtung von Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, deren Hartnäckigkeit bei der Cum-ex-Aufklärung kaum genug gewürdigt werden kann. Das zeigten jetzt auch wieder die teils sehr persönlichen Anwürfe der Olearius-Verteidiger in Richtung Brorhilker.

Nach viel Kritik kassierte der grüne Minister vergangene Woche seinen ursprünglichen Plan zugunsten einer 180-Grad-Wende. Die Abteilung bleibt im Ganzen erhalten, es gibt auch noch einige Stellen mehr. Auf dass bald Licht ins Dunkel gebracht werde, vor allem in einem der mutmaßlich größten Cum-ex-Komplexe: dem Fall WestLB. Hier ist eine Aufklärung explizit im NRW-Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen vereinbart. Damit könnte Limbach sein angekratztes Cum-ex-Image aufpolieren.