Mailand

Die Wiege des Superministers steht in Genua

Der neue Superminister Roberto Cingolani – zuständig für den ökologischen Umbau – bewirkte schon in Genua vieles. Aus dem Institut unter seiner Leitung ging so manch innovative Erfindung mit Zukunftspotenzial hervor.

Die Wiege des Superministers steht in Genua

Das Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) in Genua ist das einzige privatrechtliche Forschungsinstitut Italiens, das internationalen Rang hat. Welche Wertschätzung es genießt, kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass der langjährige wissenschaftliche Leiter Roberto Cingolani gerade von Premierminister Mario Draghi zum neuen Superminister für den ökologischen Umbau ernannt worden ist.

Das freut seinen Nachfolger und jahrelangen Stellvertreter Giorgio Metta: „Die Ernennung Cingolanis zum Minister ist für Italien eine unglaubliche Chance.“ Metta hofft auf neue Impulse: „Wir müssen finanziell eine kritische Masse erreichen, um ein Netzwerk von Instituten nach der Art des deutschen Max-Planck-Instituts aufzubauen“, sagte er der Börsen-Zeitung. Er verweist darauf, dass Italien nur 1,3% des Bruttoinlandsprodukts für Forschung aufwendet – etwa die Hälfte des deutschen Anteils. Cingolani könnte da neue Anstöße geben.

Das IIT mit seinen elf Zweigstellen in Italien, zwei Repräsentanzen in den USA, 1700 Mitarbeitern aus 60 Ländern und einem Finanzierungsanteil des Staates von 91,5 Mill. Euro ist im Vergleich zum Max-Planck-Netzwerk mit 23000 Beschäftigten und einem Budget von 2,4 Mrd. Euro ein Zwerg. Doch Metta setzt auch auf das Europäische Wiederaufbauprogramm und Initiativen Cingolanis. Er plant einen großen Campus im „Robot Valley“ Genuas mit Forschungseinrichtungen, Start-ups und Mittelständlern. Metta verweist auf das industrielle Erbe der Stadt mit dem Werftenkonzern Fincantieri, Energieunternehmen wie Ansaldo oder dem Rüstungskonzern Leonardo, das genutzt werden müsse.

Das IIT kooperiert mit hundert Unternehmen und Instituten weltweit und hat seine Schwerpunkte in den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotik, Cloud Computing und Nanotechnologie. Im Rahmen der Digital-Innovation-Hubs-Initiative der EU will das IIT noch stärker anwenderorientiert arbeiten und den Technologietransfer fördern. Metta hofft auf den Zuschlag für ein europäisches Kompetenzzentrum im Bereich „Maritime Infrastrukturen und Digital Technologies Hub“.

„Trotz der Corona-Pandemie, die auch uns Einschränkungen in der Arbeit auferlegt hat, haben wir 2020 viele neue Projekte entwickelt“, freut sich Metta. Externe Partner haben 35 Mill. Euro zum Budget beigesteuert – „mehr als erwartet“, wie er sagt. So wurde etwa ein Roboter-Überwachungssystem für die neue Autobahnbrücke in Genua entwickelt, das sich auch für die Kontrolle anderer Bauwerke wie Tunnels oder Staudämmen eigne. Zu den Vorzeigeprojekten gehören ferner die Roboterhand Hannes, die es Handamputierten erlaubt, 90% ihrer früheren Funktionen wiederzuerlangen, oder der Einsatz von Robotern im industriellen Umfeld und in Krankenhäusern sowie Projekte, bei denen Miniroboter kontaminierte Böden überwachen. Metta selbst ist Vater des iCub, eines humanoiden Roboters, der lernfähig ist und Menschen bei verschiedenen Tätigkeiten assistiert.

24 Start-ups sind bisher aus dem IIT hervorgegangen. Ein hauseigenes Evaluierungsbüro prüft, welches Marktpotenzial die mehr als tausend IIT-Patente haben. Zu den Erfolgsgeschichten gehören Bedimensional, ein Unternehmen, das Verfahren zur industriellen Fertigung des Kohlenstoffmaterials Graphen entwickelt hat, und Movendo Technology. Das Unternehmen, das seinen Sitz im historischen Hafen von Genua hat, ist eine Ausgründung des IIT und hat das robotische Fitnessgerät Hunova für die Rehabilitation und Risikoprävention älterer Menschen entwickelt.

Einen wichtigen Durchbruch hat Movendo durch ein Abkommen mit der Versicherung Generali erzielt. Zunächst bei der deutschen Tochtergesellschaft und dann weltweit soll der Hunova als robotergestützte Lösung zur Sturzprävention eingesetzt werden. In nur 20 Minuten wird ein detaillierter und individueller Bericht über die biomechanische Gesundheit erstellt. Er ist Voraussetzung für die Erarbeitung eines individuellen Trainingsprogramms zur Vermeidung von Stürzen. Stürze sind die zweithäufigste Todes- und Invaliditätsursache bei Personen über 65. Das IIT hält noch eine Minderheitsbeteiligung an Movendo. Eine Gruppe um den Gründer und CEO Simone Ungaro hat 42%, der Pharma-Unternehmer Sergio Dompé 51%.