Die Wunschzettel
Notiert in Berlin
Die Wunschzettel
Von Andreas Heitker
Zu den meist nett gemeinten, aber wohl nervigsten Fragen in der Vorweihnachtszeit gehört sicherlich die nach dem Wunschzettel: Was wünschst du dir denn, lieber Sohn, Opa, liebe Mutti? Außer „Weltfrieden“ fällt vielen Zeitgenossen hier spontan nur wenig Nützliches ein. Bei Politikern jeglicher Couleur und in allen Gebietskörperschaften ist die Frage dieser Tage dagegen eher rhetorischer Natur. Es steht bei Vielen ohnehin nur ein Posten auf dem Zettel: Geld. Knete. Cash. Pinkepinke. Denn es sind ja nicht nur die Spitzenpolitiker der Ampel, die aktuell fast täglich im Kanzleramt um ihren Haushalt ringen. Den Kämmerern vieler Kommunen steht das Wasser ebenso bis zum Halse. Und Bundesländer wie Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein oder Brandenburg haben schon angekündigt, auch 2024 noch einmal die Notlage auszurufen, um die Schuldenbremse aussetzen zu können.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner ist hier noch nicht dabei. Der CDU-Politiker hat allerdings ein ganz grundsätzliches Problem mit der aktuellen Ausgestaltung der Schuldenbremse und geht mit seinen Reformforderungen seinem Parteichef Friedrich Merz gehörig auf die Nerven. Es ist zu vermuten, dass die Scharmützel zwischen den beiden Christdemokraten nicht nur mit dem „Arm-aber-sexy“-Status der Stadt Berlin zu tun haben, sondern möglicherweise auch mit mangelnder Unterstützung der Bundes-CDU für Wegners Spitzenkandidatur bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im Februar. Kolportiert wurde ja schon mehrfach, dass Merz viel lieber den früheren Gesundheitsminister Jens Spahn in den Wahlkampf geschickt hätte, weil er Wegner den Sieg fälschlicherweise nicht zugetraut hatte.
In der aktuellen Haushaltskrise hat der Regierende Bürgermeister aber einige Pluspunkte auf seiner Seite: Zum einen zeigt der in der zurückliegenden Woche beschlossene Budget-Statusbericht, dass Berlin das Jahr 2023 mit einem geringeren Finanzierungsdefizit abschließen dürfte als eigentlich geplant. Zum anderen kann Wegner darauf verweisen, dass sein Senat etwas zur Stärkung der Steuereinnahmen unternimmt – nicht nur in der Hauptstadt. Denn pünktlich zum Advent wurde im Stadtteil Neukölln das neue „Finanzamt Berlin International“ eröffnet. Dieses ist künftig zentral für ganz Deutschland für die Umsatzbesteuerung von Unternehmen zuständig, die hier zwar Handel treiben, aber keinen Sitz haben.
Es geht vor allem um den Online-Handel chinesischer Anbieter, die lange Zeit unter dem Radar der Finanzämter agierten. Mittlerweile sind es bereits rund 115.000 Unternehmen, die steuerlich schon registriert sind. Die Zahl der Firmen hat sich seit 2019 mehr als verzehnfacht. 96% dieser Händler kommen aus der Volksrepublik China, Hongkong, Macau und Taiwan. Die anderen rund 5.000 Firmen verteilen sich auf über 100 weitere Länder.
Mit dem neuen Finanzamt, in dem ungeachtet der rund hundert offenen Stellen in der übrigen Finanzverwaltung der Stadt in einem Jahr 250 Steuerexperten arbeiten sollen, soll deutschlandweit etwas gegen Umsatzsteuerbetrug getan werden. Wie viel Umsatzsteuer das International-Amt zusätzlich in die Staatskassen leiten kann, bleibt aber noch abzuwarten. Seinen Wunschzettel an das neue Finanzamt hat der Berliner Finanzsenator Stefan Evers wohlweislich nicht veröffentlicht.