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Diversifizierte Software-Abhängigkeit

Mercedes-Benz setzt bei Assistenzsystemen fürs softwarebasierte Fahren auf mehr Diversifizierung bei Kooperationen, wie der jüngste Deal mit dem US-Technologiekonzern Qualcomm zeigt.

Diversifizierte Software-Abhängigkeit

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Diversifizierte Abhängigkeit

Von Stefan Kroneck

Beim softwarebasierten Fahren setzen deutsche Autobauer auf mehr Diversifizierung.

Die Transformation zur Elektromobilität und das autonome Fahren verschieben die Gewichte in der globalen Autobranche gewaltig. Auf diesen beiden Feldern setzen die aufstrebenden chinesischen Hersteller und der US-Anbieter Tesla den etablierten deutschen Konzernen deutlich zu. Nach Ansicht vieler Experten ist nicht mehr die Designvielfalt bei den Modellen der ausschlaggebende Verkaufsfaktor, sondern zunehmend das softwarebasierte E-Auto fürs autonome Fahren. Dessen Qualität entscheidet künftig darüber, welche Modelle im Markt gefragt sind.

Das bedeutet, dass insbesondere US-Technologiekonzerne wie etwa Nvidia, Qualcomm und Intel in der Branche an Marktmacht gewinnen, weil diese den Autobauern die Systeme und die gewünschte Software-Qualität liefern. Dadurch geraten BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen in eine Abhängigkeit, die ihnen zwar nicht behagt, die sich für das Trio aber gegenwärtig als alternativlos darstellt, da sie selbst nicht über diese Software-Kompetenz ausreichend verfügen.

In diesem Kontext lässt die Nachricht, dass der Stuttgarter Autohersteller die Chips für Infotainment-Systeme seiner neuen E-Klasse künftig von Qualcomm bezieht, aufhorchen. Das könnte der Auftakt eines Abnabelungsprozesses von Mercedes-Benz gegenüber Nvidia sein, meint mancher. Der sich von Rekord zu Rekord vorarbeitende Qualcomm-Rivale verfügt bei den Schwaben über einen Exklusivvertrag. Mercedes-Benz und Nvidia teilen sich die Umsätze je zur Hälfte auf, die der Dax-Konzern mit dem Verkauf von Software-Updates bei Fahrassistenzsystemen auf Basis von Nvidia-Technologie erwirtschaftet.

Doch der Schritt von Mercedes-Benz ist kein singuläres Ereignis in der Autoindustrie. 2022 vereinbarten BMW und Qualcomm eine Zusammenarbeit auf dem Feld von Fahrassistenzsystemen. Dadurch geriet der bisherige Kooperationspartner des Münchner Autobauers, Intel, ins Hintertreffen.

Die Gründe für ein Umschwenken sind vielfältig. Neben Kosten und einer besseren Bedienbarkeit für Kunden dürfte vermutlich auch der Umstand eine Rolle spielen, geschäftlichen Risiken über mehrere Kooperationen zu streuen. Das Resultat ist eine diversifizierte Software-Abhängigkeit. Das ist für die deutschen Autobauer immer noch besser, als alles auf eine Karte zu setzen. Mercedes-Benz formulierte dies gegenüber der Börsen-Zeitung wie folgt: „Qualcomm ist seit Jahren unser Technologiepartner und wird dies auch zukünftig im Bereich Infotainment & Connectivity sein. Nvidia ist unser strategischer Partner im Bereich autonomes Fahren.“

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