KommentarDeutsche Börse

Prognose mit Hoffnungswert

Bei seiner letzten Bilanzvorlage belässt es Börsenchef Theodor Weimer nolens volens vielfach bei eher nebulösen Ankündigungen. Für Gestaltungsspielräume für seinen Nachfolger ist indes gesorgt.

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Hoffnungswert

Von Heidi Rohde

Das Wort "Ankündigungsweltmeister" weist Börsenchef Theodor Weimer weit von sich. Der Manager, der spätestens zum Jahresende den Stab an einen Nachfolger weiterreichen wird, hält es mehr mit Verlässlichkeit und "Liefern". Unter anderem deshalb hat er in seiner Zeit an der Spitze der Deutschen Börse das Geschäftsmodell stetig mehr auf konjunkturell unabhängige wiederkehrende Einnahmen ausgerichtet, die im vergangenen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen erneut Rekordwerte bei Umsatz und Ergebnis ablieferte, bereits 63% ausmachten.

Das macht die Deutsche Börse zweifellos resilienter, eine Errungenschaft, die sich auch in der Aktionärsvergütung niederschlagen sollte. Bei dieser operiert der Konzern allerdings bewusst mit angezogener Handbremse und einem zweigleisigen Ansatz: einerseits mit einer gesenkten Ausschüttungsquote und einem Dividendenplus von 6%, das weiter hinter dem Gewinnanstieg zurückbleibt, andererseits mit der Komponente eines üppigen Aktienrückkaufs. Dies bildet die Grundlage für künftige Spielräume bei M&A. Denn hier muss es der scheidende Konzernchef bei der Ankündigung belassen, dass die Börse sich weiterhin gezielt umschauen wird, um etwa Wachstumstreiber im Unternehmen zu stärken. Liefern müsste sein Nachfolger.

Als Wachstumstreiber hat Weimer auch das Euro-Clearing ausgemacht, bei dem er vom vorläufigen Kompromiss der EU allerdings offenkundig nicht allzu viel Rückenwind erwartet. Um den Marktanteil der Eurex wie geplant auf 25% – an einem 33-Bill.-Euro-Markt – zu hieven, wird es anorganischer Schritte bedürfen, wenn die Marktteilnehmer dem Aufruf, mehr Geschäfte im EU-Raum abzuwickeln, nicht mit überraschendem Eifer folgen, und danach sieht es zumindest bei angelsächsischen Banken eher nicht aus. Eher nebulös bleiben auch Weimers Ankündigungen, die den schon länger avisierten Vorstoß in die neue Assetklasse der Kryptowährungen betreffen. Das ist bisher allerdings ein Hoffnungswert, den man doch eher einem "Ankündigungsweltmeister" zuschreiben könnte.

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