Durchstarten an der Seine
„Grün, grün, grün sind alle meine Kleider“, könnte das Motto des „Printemps“ lauten. Nicht nur die Schaufenster des bekannten Pariser Kaufhauses sind komplett in Grasgrün dekoriert, von der Hintergrundfarbe bis hin zu den ausgestellten Produkten. Auch die Kuppeln der wichtigsten Filiale der Warenhauskette am Boulevard Haussmann sind in grünes Licht getaucht. Alles ist grün, selbst angebotene Süßigkeiten wie Popcorn, Doughnuts und Liebesäpfel. Immerhin feiert das Printemps an diesem Frühlingsabend seine Verjüngungskur mit neuem Konzept, Logo in neuer Farbe und neu gestalteten Verkaufsflächen.
All das soll der Kaufhaus-Gruppe helfen, wieder durchzustarten, hofft Printemps-Chef Jean-Marc Bellaiche. Denn die letzten Jahre haben ihr ziemlich zugesetzt. Erst ließ die durch die Attentate 2015 ausgelöste Terrorangst ausländische Touristen einen Bogen um Paris machen, dann vergraulten die von teilweise schweren Ausschreitungen begleiteten Demonstrationen der Gelbwesten und die Proteste gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante Rentenreform in den beiden Wintern vor der Coronakrise viele Kunden. Seit Ausbruch der Pandemie mussten die Häuser des Printemps dann auch noch mehrmals wochenlang schließen.
Kam die Gruppe, die vor neun Jahren von dem Fonds Disa aus Katar übernommen wurde, im versetzten Geschäftsjahr 2018/19 noch auf Verkäufe von 1,7 Mrd. Euro, so ist ihr Umsatz laut Schätzungen von Branchenkennern 2019/20 um 500 Mill. Euro zurückgegangen. Das letzte Jahr sei nicht schlecht gelaufen, obwohl Kunden aus Asien ausgeblieben seien, meint Printemps-Chef Bellaiche. Die Verkäufe haben von April 2021 bis März um 38% zugelegt. Sie sind jedoch noch immer 12% niedriger als die von 2019/20. Nachdem die Gruppe in Frankreich wegen Covid drei Geschäfte schließen musste, will sie nun im September pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft einen Ableger in Doha eröffnen.
Bellaiche geht davon aus, dass sich die Besuche asiatischer Kunden in den Kaufhäusern der Gruppe erst 2024 wieder normalisieren werden. Mit dem neuen Konzept will er deshalb verstärkt heimische Kunden umwerben. Um die buhlen in Paris auch die benachbarten Galeries Lafayette, das gegenüber dem Hôtel de Ville gelegene BHV sowie das vor wenigen Monaten nach jahrelanger Schließung wiedereröffnete La Samaritaine am Pont Neuf, das genau wie das auf der Rive Gauche gelegene Bon Marché dem Luxusgüterkonzern LVMH gehört.
Le Printemps habe in den letzten Jahren bis auf die Instandhaltung und Modernisierung der Gebäude nicht sehr viel investiert, sagt Bellaiche, der das Ruder der Gruppe Ende 2020 übernommen hat. Die Kaufhauskette habe deshalb ihr Alleinstellungsmerkmal verloren, meint er. Sie müsse nun wieder für Innovationen und Überraschungen sorgen, für unvergessliche Momente.
Im Haupthaus am Boulevard Haussmann ist deshalb die etwas angestaubte Brasserie unter der historischen Glaskuppel einer Veranstaltungsfläche gewichen, die alle sechs Monate umgestaltet werden soll. Derzeit steht sie ganz im Zeichen von Sommerfreuden am Meer, mit Bademoden und einem Strandrestaurant. Nach dem im Herbst eröffneten Secondhand-Bereich „7e ciel“ bietet das Printemps in der neuen Abteilung „Hors Saison“ nun auch unverkaufte Modelle früherer Kollektionen an. Dazu kommen regelmäßig wechselnde Verkaufsstände von Modedesign-Studenten.
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Jungen Talenten gibt auch der Métro-Betreiber RATP eine Chance. Denn er veranstaltet zwei Mal pro Jahr Castings, bei denen jeweils 300 Musiker ausgewählt werden, die in den folgenden sechs Monaten unter der Marke „Musiciens du métro“ in den U-Bahnstationen und Vorortbahnhöfen im Großraum Paris sowie bei Musikfestivals auftreten dürfen, die von der RATP gesponsort werden. Tausende von Musikern beteiligen sich an dem Vorsingen, das noch bis zum 8. April stattfindet. Es sei ihr Traum, in einer Métro-Station singen und spielen zu dürfen, sagt Camille Millãn. Wie die anderen Kandidaten hofft sie, damit wie einst Sängerin Zaz und andere in Frankreich bekannte Künstler den Grundstein für eine Karriere legen zu können.