KOMMENTAR

Ein heißer Frühling steht bevor

Thyssenkrupp ist dabei, sich neu zu erfinden als moderner Industriegüterkonzern - ohne das traditionelle Werkstoffgeschäft. Doch bei dem geplanten Umbau entwickelt sich die schon lange schwächelnde und stets volatile Stahlsparte zum größten...

Ein heißer Frühling steht bevor

Thyssenkrupp ist dabei, sich neu zu erfinden als moderner Industriegüterkonzern – ohne das traditionelle Werkstoffgeschäft. Doch bei dem geplanten Umbau entwickelt sich die schon lange schwächelnde und stets volatile Stahlsparte zum größten Hindernis. Die bereinigte operative Marge hat sich zuletzt von rund 6 % auf 4 % verringert – nicht genug, um die Kapitalkosten für die teuren Hochöfen und Walzwerke zu verdienen. Dass sich daran schnell und nachhaltig etwas ändert, ist nicht zu erwarten: Billige chinesische Importe und europäische Überkapazitäten drücken trotz Strafzöllen der EU auf die Preise – und die Umweltregulierung tut ein Übriges, die Branche unter Druck zu setzen.Als Lösung ausgeschlossen haben die Thyssenkrupp-Manager eine Abspaltung der Stahlsparte mit einem Börsengang. Laut Finanzvorstand Guido Kerkhoff ist das wichtigste, dass Überkapazitäten abgebaut werden. Ein Börsengang löse dieses Problem nicht. Vielmehr werde es durch neue Miteigentümer schwieriger, Entscheidungen zu treffen.Ein Ausweg wäre die Fusion mit einem Konkurrenten. Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger hält indes den Ausgang der Fusionsgespräche mit dem Konkurrenten Tata Steel für völlig offen. Eine Konsolidierung der Branche in Europa mache absolut Sinn, bekräftigt der Manager. Dafür müsste Tata jedoch zunächst eine Lösung für seine milliardenschweren Pensionslasten in Großbritannien finden. Diese sind zwar weitgehend ausfinanziert. Aber der britische Staat soll einen Teil der Kostensteigerungsrisiken übernehmen, falls die Rentner länger leben.Gelingt der Deal nicht, müsste Thyssenkrupp versuchen, mit den Kostensenkungsmaßnahmen voranzukommen. Sollte der Vorstand der Thyssenkrupp Steel AG im April zu dem Schluss kommen, dass Standortschließungen – etwa in Bochum – unumgänglich sind, kommt es zum handfesten Konflikt mit der Arbeitnehmerseite. Die Betriebsräte der IG Metall machen bereits Front gegen die Fusion mit Tata, obwohl in dem neu entstehenden Unternehmen der Standort Duisburg gut ausgelastet und gestärkt würde. Macht die Konzernführung Ernst mit der Neuordnung der Stahlstandorte, dann wird die Arbeitnehmerseite den Frontalangriff auf Konzernchef Hiesinger versuchen. Wer den Kampf gewinnt, ist offen. Thyssenkrupp steht ein heißer Frühling 2017 bevor.