KommentarAleph Alpha

Ein Hype mit Schattenseiten

Das Heidelberger Start-up Aleph Alpha bekommt eine halbe Milliarde Dollar an Wagniskapital. Damit zementiert es seine Rolle als europäischer KI-Champion. Die Kehrseiten in der Branche werden von den Investoren weiter ausgeblendet.

Ein Hype mit Schattenseiten

Ein Hype mit Schattenseiten

Von Karolin Rothbart

Aleph Alpha

Da ist es also, das generative KI-Einhorn aus Deutschland. Ein knappes Jahr nachdem die Veröffentlichung des KI-Chatbots ChatGPT durch OpenAI ein wahres Beben in der globalen Tech-Welt ausgelöst hat, schafft die hiesige Wirtschaft Fakten und päppelt ihren eigenen Hoffnungsträger in dem Bereich mit einer halben Milliarde Dollar. Auf einen Schlag gehört Aleph Alpha aus dem beschaulichen Heidelberg damit zu den weltweit bestfinanzierten Start-ups, die auf dem Feld der automatisierten Erzeugung von Texten, Bildern, Videos und mehr zu finden sind.

Natürlich liegen US-Player wie eben
OpenAI oder aber auch Anthropic und Inflection nochmal deutlich weiter vorn, was das Funding angeht. Dennoch zeigt die Finanzierungsrunde für Aleph Alpha, welche Bedeutung die hiesige Industrie der Technologie beimisst und wie groß der Wille um eine damit verbundene Datensouveränität in Deutschland und Europa ist. Schließlich kommt sie zu einer Zeit, in der das Geld bei Investoren durch die Inflation, Zinswende und Konjunkturschwäche alles andere als locker sitzt – zumindest in anderen Bereichen. Man schaue nur auf die Fintechbranche, wo das weltweite Wagniskapitalvolumen im ersten Halbjahr um mehr als die Hälfte eingebrochen ist.

In der generativen KI aber kennen die Geldgeber dieses Jahr kein Halten mehr. Weltweit werden sie von der Aussicht auf einen künftigen Billionenmarkt angezogen wie die Motten vom Licht. In Frankreich soll das wenige Monate alte KI-Start-up Mistral kurz vor einer Milliardenbewertung stehen. In China ist das gerade der ebenfalls erst 2023 gegründeten Firma 01.AI gelungen.

Bei all dem Hype bleibt zu hoffen, dass auch die Diskussionen um die unschönen Seiten von (generativer) KI weitergeführt werden. Denn davon gibt es viele: Neben diversen IT-Sicherheitsrisiken, der erhöhten Gefahr von Falschinformationen, der Perpetuierung struktureller Ungleichheiten und der Verdrängung menschlicher Arbeit sei auch der massive Wasserverbrauch zur Serverkühlung zu nennen. Bei Microsoft ist er vergangenes Jahr um 34% gestiegen, bei Google um 20%. Beobachter führen das weitgehend auf die gestiegenen KI-Aktivitäten zurück. Allein mit dem von Microsoft 2022 benötigten Wasser ließen sich mehr als 2.500 olympische Schwimmbecken füllen. Kalifornien, die Heimat von Google, OpenAI und vielen weiteren KI-Firmen, litt 2022 unter einer Megadürre. Hinzu kommen fragwürdige Arbeitsbedingungen von Millionen von Klickarbeitern, die – meist beheimatet im globalen Süden – in monotoner Fließbandarbeit dabei helfen, KI-Systeme überhaupt erst „intelligent“ zu machen. Spätestens hier endet die Faszination.

Deutschland hat einen KI-Champion. Die Nachteile der Technologie werden ausgeblendet.