Notiert inMadrid

Elektroautos und Schweinereien

Als Vergeltung für die europäischen Strafzölle auf Elektroautos droht China der Fleischindustrie. Im Schinkenland Spanien schlägt man Alarm.

Elektroautos und Schweinereien

Notiert in Madrid

Elektroautos und Schweinereien

Von Thilo Schäfer

Am Montag nahm Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez an der feierlichen Grundsteinlegung einer Autobatteriefabrik in der Extremadura teil, in die der chinesische Konzern Envision 2,5 Mrd. Euro investieren wird. Am selben Tag traf sich die Staatssekretärin des Wirtschaftsministeriums, Amparo López, in Madrid mit besorgten Vertretern der Branche der spanischen Schweinefleischindustrie. Das war wohl Zufall, aber ein gewisser Zusammenhang zwischen beiden Veranstaltungen lässt sich nicht von der Hand weisen. Spanien importiert derzeit eher wenige Elektroautos aus China, da der spanische Markt generell hinter dem Rest Europas weit zurückliegt. Doch die von der Europäischen Union angedachten Strafzölle auf E-Vehikel aus Fernost treffen dafür die spanischen Landwirte. Denn Peking hat eine Untersuchung wegen vermeintlichen Dumpings in der Produktion von Schweinefleisch in Europa begonnen. In Madrid weist man die Vorwürfe zurück und redet von einer reinen Repressalie der Chinesen.

Bei dieser Schweinerei geht es in der Tat um hohe Summen. Spanien ist der größte Exporteur von Schweinefleisch in der EU, mit einem Volumen von 7,5 Mrd. Euro im letzten Jahr. Die Chinesen kauften 2023 spanische Fleischware für 1,2 Mrd. Euro. Das Exportvolumen von 560.000 Tonnen machte gar ein Fünftel der spanischen Gesamtexporte aus. Die Prüfung Pekings wegen des vermeintlichen Dumpings kann sich noch gut ein Jahr hinziehen. Immerhin wurde jetzt schon der berühmte spanische Schinken von möglichen Strafzöllen ausgenommen, ebenso wie andere verarbeitete Wurstwaren. Im Reich der Mitte erfreuen sich jamón ibérico und jamón serrano großer Beliebtheit. Das sieht man auch den chinesischen Touristen an, die bis zur Pandemie immer zahlreicher nach Spanien kamen. Im Zentrum Madrids vermehrten sich die Verkaufsläden bekannter Schinkenhersteller, die natürlich nicht nur von asiatischen Besuchern frequentiert werden. Der Tourismus aus China erholt sich gerade noch vom Einbruch durch die Pandemie, lag im vergangenen Jahr jedoch erst bei gut der Hälfte der 700.000 Besucher, die 2019 ins Land kamen. Die konjunkturelle Abkühlung in China dämpft die Reiselust.

Dabei kann in Spanien so manchem eine Drosselung der Produktion von Schweinefleisch gar nicht unlieb erscheinen. Die Weinbauer der Ribera del Duero, eine der international renommiertesten spanischen Anbauregionen, protestierten vor einigen Tagen gegen den Ausbau von riesigen Schweinefarmen. Die Jauche verseucht das Trinkwasser, warnen auch Umweltschützer. Zusätzlich zum Weinanbau am Duero hat der Weintourismus in Kastilien und León als Wirtschaftsfaktor an Bedeutung gewonnen. Die Schweinerei mit der Jauche, die auch für die Produktion von Biogas verwendet wird, ist daher schlecht fürs Geschäft. Man darf jedoch bezweifeln, ob das der Grund dafür ist, dass die spanischen Weinexporte nach China im ersten Quartal um 23% gesunken sind.

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