Ein Hoch auf Europas Emissionshandel
EU-Klimapaket
Lang lebe der Emissionshandel
Von Stefan Reccius
Die Europäische Union weitet den Emissionshandel in ihrem Hoheitsgebiet deutlich aus. Dafür hat das EU-Parlament final gestimmt – und das ist eine gute Nachricht. Denn der Handel mit Verschmutzungszertifikaten ist das wirksamste Instrument im Kampf gegen den Klimawandel.
Zu mehr Klimaschutz führen politisch, stark vereinfacht, zwei Wege: Verbote oder Anreize. Auf Verbote reagieren Wirtschaft und Verbraucher nicht selten allergisch, weil sie sich bevormundet fühlen. Anreize funktionieren in einer Marktwirtschaft am besten über den Preis.
Verbote rufen Emotionen hervor. Preise appellieren an die Vernunft. Deswegen steht der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten im wörtlichen Sinne für vernünftige Klimapolitik. Er versetzt Unternehmen und Verbraucher in die Lage, rationale Entscheidungen zu treffen, ohne Klimaschutz gegen wirtschaftliche Interessen auszuspielen.
Der CDU-Verhandlungsführer Peter Liese hat sich einen simplen Vergleich zurechtgelegt: Allein die Aufnahme des Schiffsverkehrs in den Emissionshandel habe einen 25-mal stärkeren Klimaschutzeffekt als das berüchtigte Verbot von Autos mit Verbrenner. Das ist nicht der hilflose Versuch einer Ehrenrettung für den Stolz der Autoindustrie. Sondern ein Plädoyer, den europäischen Emissionshandel ausnahmslos auf sämtliche Wirtschaftssektoren auszuweiten.
Ein wichtiger Schritt ist nun getan. Auto- und Schiffsverkehr sowie Gebäudesektor nehmen in wenigen Jahren ebenfalls am Emissionshandel teil. Schon seit 2005 unterliegen ihm Industrie und Energie. Sie haben sich längst mit dem Emissionshandel arrangiert. Dass nun an einigen Stellen nachgebessert und der Emissionshandel deutlich ausgeweitet wird, schafft gleiche Spielregeln für alle im EU-Binnenmarkt.
Wettbewerbsnachteile durch Konkurrenten aus Ländern ohne CO2-Preis gehen die Gesetzgeber durch einen CO2-Grenzausgleich an. Sie geben sich Mühe, den Klimazoll mit dem Emissionshandelssystem zu verzahnen. Das ist auch notwendig. Andernfalls fiele der im Ausland argwöhnisch betrachtete und handelsrechtlich bedenkliche Klimazoll vor der Welthandelsorganisation glatt durch. Es drohen Handelskonflikte.
Leider nicht klar geregelt ist, was mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel zu geschehen hat. Das ist unbefriedigend. Sinnvoll wäre eine Zweckbindung für Projekte zum Klimaschutz oder zum sozialen Ausgleich. De facto können die EU-Staaten mit dem Geld machen, was sie wollen. Das ist ein echter Malus in einem ansonsten stimmigen Konstrukt.