KommentarHabeck in China

Es scheppert im Porzellanladen

Peking nutzt die China-Visite von Vizekanzler Robert Habeck auf seine Art, um eine Drohkulisse zu Handelsstreitigkeiten mit der EU aufzubauen.

Es scheppert im Porzellanladen

Habeck in China

Es scheppert im Porzellanladen

Von Norbert Hellmann

In der Beziehungskiste zu China gibt es nun erst recht einiges zu kitten.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dafür bekannt, auf norddeutsche Art „klare Kante“ zeigen zu wollen. Bei seinem Besuch in China allerdings schreibt das handelspolitische Drehbuch wie auch die Notwendigkeit zur Pflege bilateraler Beziehungen eine etwas andere Herangehensweise vor. Die EU-Kommission hat ihr im Oktober lanciertes Verfahren zu Subventionspraktiken chinesischer E-Autobauer in eine vorläufige Strafzollverhängung überführt, die bis zum 4. Juli endgültig festgezurrt werden müsste.

Deutschland als Ansatzhebel

Chinas Regierung läuft Sturm gegen die Maßnahmen und hofft, mit einer ganzen Reihe von unterschwelligen Drohgesten dafür zu sorgen, dass Brüssel angesichts der gespaltenen Interessenlage in führenden Mitgliedsländern doch noch einlenkt und die Strafzollsystematik etwas verwässert. Bester Ansatzhebel dafür ist die in der Strafzoll-Causa gespaltene deutsche Position. Berlin muss Rücksicht auf die Interessen der deutschen Autoindustrie nehmen, die den EU-Zollmaßnahmen äußerst missmutig entgegensieht. Diese freut sich weniger über Schützenhilfe im Konkurrenzkampf mit Chinas Autobauern, als dass sie Gegenmaßnahmen befürchtet, die das eigene China-Geschäft beeinträchtigen könnten.

Dialog und Kooperation?

Chinas Staatspresse hat dem Habeck-Besuch einige Vorschusslorbeeren zukommen lassen. Er zeige nämlich, dass die chinesische Seite und „einige Politiker aus EU-Ländern bereit seien, den Dialog zu suchen und auf Kooperation zu setzen“. Im Klartext soll es heißen, man hofft, das in der Zollfrage wankelmütige Deutschland als Schachfigur zur Entschärfung der Streitigkeiten mit der EU einbringen zu können. Habeck wiederum hat zu verstehen gegeben, dass seine Visite keinen Durchbruch in der Strafzoll-Causa erwarten lässt.

Der Premier sagt ab

So weit, so gut, doch am Freitag scheint die Stimmung gekippt zu sein. Von chinesischer Seite kam die markige Warnung, dass Friktionen rund um E-Auto-Zölle einen Handelskrieg heraufbeschwören könnten. Am Ende des Tages hieß es dann, dass Habecks geplantes Treffen mit Premierminister Li Qiang aus terminlichen Gründen abgesagt werden müsse. Dass sich Habecks ranghöchster Gesprächspartner dem Treffen entzieht, spricht nicht gerade für Dialogsuche und Kooperationsbereitschaft, sondern muss wohl als kleiner Denkzettel verstanden werden.

Denkzettel

Peking wird sich etwas dabei gedacht haben: nämlich dass es lohnt, im Run-up zum 4. Juli die Drohkulisse atmosphärisch hochzufahren. Abgesehen davon hat man mit Habeck sowieso noch eine Rechnung offen. Schließlich hat sich dieser als Befürworter einer deutschen „Derisking-Strategie“ zu China profiliert und bislang vorrangig Indien-Kontakte gepflegt.