ETFs trotzen der Krise
Auch im Juni sind den ETFs weltweit neue Gelder zugeflossen. Es waren zwar weniger als im Mai, doch haben die börsennotierten Indexfonds im ersten Halbjahr nach Angaben von Amundi immerhin 382 Mrd. Euro eingesammelt. Auf globaler Basis stellt der Juni übrigens den 37. Monat mit Nettomittelzuflüssen in Folge dar. Gut, bei den europäischen Ucits-ETFs kam es im Juni erstmals in diesem Jahr zu Mittelabflüssen, doch fällt auch hier die Halbjahresbilanz mit frischen Geldern von 11 Mrd. Euro klar positiv aus.
Trotz der Krise an den Finanzmärkten, der sehr heftigen Einbrüche an den Aktien- und Anleihemärkten im bisherigen Jahresverlauf, investieren die Anleger weiterhin in ETFs, auch wenn die Zuflüsse deutlich unter denen des Rekords des zurückliegenden Jahres liegen. Dies in einem Umfeld, in dem es Teile der Kryptobranche geradezu zerbröselt und das auch bei Zertifikaten oder den traditionellen aktiven Fonds eher von Zurückhaltung geprägt ist. Da stellt sich schon die Frage, warum die ETFs derzeit so eindrucksvoll der Krise trotzen.
Für den Erfolg der börsennotierten Indexfonds, gerade auch in schwierigen Zeiten, gibt es eine Reihe von Gründen. Diese lassen sich gut aufzeigen, betrachtet man sowohl die Angebots- wie auch die Nachfrageseite. Wobei sich die positiven Impulse beider Seiten durchaus ergänzen und verstärken.
Das Angebot an ETFs wird stetig größer und breiter. So drängen immer mehr neue Anbieter in das bei Investoren beliebte Segment, wollen sie doch auch hier den Rahm, den es bei ETFs sicherlich gibt, abschöpfen. So hat zum Beispiel ein aktiver Investor wie Frank Fischer mit seiner Shareholder Value Management den Frankfurter Ucits-ETF Modern Value aufgelegt, eine eher aktive Lösung, die quartalsweise neu justiert wird, im passiven Gewand. Und auch ein großer etablierter Anbieter wie Fidelity will jetzt mit dem erfahrenen ETF-Vertriebsprofi Stefan Kuhn in Europa eine „neue Ausbaustufe zünden“ und Fidelity „als Teilnehmer in der ETF-Welt etablieren“. Übrigens baut auch die Deka ihr ETF-Angebot stetig aus.
Auf der anderen Seite erweitern die großen Marktführer im ETF-Geschäft wie Blackrock mit iShares, DWS Xtrackers, Amundi, UBS, State Street oder Vanguard stetig ihr Angebot und senken ab und an sogar die laufenden Kosten der ohnehin bereits sehr günstigen ETFs. Inzwischen gibt es nicht nur Aktienprodukte auf große Indizes, sondern fast alles in der ETF-Hülle, sprich: Themenprodukte, Anleihe-ETFs jedweder Couleur, Portfolio-ETFs, Active-ETFs und vor allem auch immer mehr nachhaltige ETFs in allen Variationen. Und anders als bei einem aktiv gemanagten Fonds weiß der ETF-Investor, wenn er sich den zugrunde liegenden Index genau anschaut, stets, was in seinem Produkt drin ist.
Transparenz ist also gegeben. Wobei die zunehmende physische Abbildung von Indizes auch die Produktklarheit erhöht und etwaige Swap-Risiken gänzlich ausschaltet. Dass es laut dem Analysehaus ETFGI in Europa inzwischen 2774 Ucits-ETFs gibt, zeigt die inzwischen erlangte Breite des Angebots.
Auf der Nachfrageseite werden die ETFs zunehmend auch bei privaten Anlegern bekannt und beliebt. Bei Institutionellen, wie übrigens auch bei Assetmanagern selbst bei Dachfondsprodukten und in Vermögensverwaltungsprodukten, waren die ETFs seit jeher beliebt. Denn die Profis schätzen, dass die börsennotierten Indexfonds extrem kostengünstige, transparente und meist auch liquide Produkte im bewährten und als Sondervermögen sicheren Ucits-Mantel sind.
Dass die ETFs auch bei deutschen Privatanlegern immer beliebter werden, hat jetzt auch eine Umfrage im Auftrag von Wisdom Tree ermittelt. Das Ergebnis ist kein Wunder, denn es interessieren sich immer mehr Deutsche, und dabei vor allem auch junge Leute, für Kapitalanlage und Altersvorsorge. Und als kostengünstige Produkte sind ETFs gerade bei langfristigen Ansparprozessen über Sparpläne im Vorteil. Hinzu kommt, dass die Neo-und Discountbroker den privaten Anlegern inzwischen kostengünstige Möglichkeiten eröffnen, um in ETFs zu investieren.
Alles in allem sind vor allem in Deutschland und in Europa, die im Vergleich zu den USA noch Nachholbedarf haben, die Chancen groß, dass die passive Revolution sich fortsetzt. Auch wenn die Zuflüsse in diesem Jahr hinter den Rekorden des vergangenen Jahres zurückbleiben dürften. (Börsen-Zeitung,