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Ether-ETFs droht nach US-Freigabe eisiger Empfang

Die US-Börsenaufsicht SEC hat die Zulassung von ETFs auf die Kryptowährung Ether genehmigt. Die damit verknüpften Hoffnungen auf institutionelle Mittelzuflüsse in den Kryptomarkt könnten sich als verfrüht erweisen.

Ether-ETFs droht nach US-Freigabe eisiger Empfang

Im Blickfeld

Neuen Ether-ETFs droht eisiger Empfang

Am Kryptomarkt sorgt die grundsätzliche Freigabe von Spot-ETFs auf Ether für Hoffnung. Doch Digital-Assets-Enthusiasten müssen sich auf neue Belastungsproben gefasst machen.

Von Alex Wehnert, New York

Lange hat die US-Börsenaufsicht SEC die Flut an Kryptoprodukten aufgehalten, im laufenden Jahr ist der Damm jedoch gebrochen. Denn nach der Zulassung von Exchange Traded Funds, die am Spotmarkt direkt in die führende Cyberdevise Bitcoin investieren, Anfang Januar weckt der nächste regulatorische Schritt die Hoffnungen von Digital-Assets-Enthusiasten.

So zeigen sich Assetmanager wie Invesco und spezialisierte Adressen wie Grayscale und Galaxy Digital derzeit voll des Lobes über die Entscheidung der SEC, US-Börsen ein Listing von ETFs auf die zweitgrößte Kryptowährung Ether zu erlauben. Jan van Eck, CEO des Vermögensverwalters Van Eck, sprach im Interview mit dem Wirtschaftssender „CNBC“ zuletzt gar von „einem der erstaunlichsten Dinge“, die er im Verlauf seiner Karriere in Bezug auf Wertpapierregulierung gesehen habe.

Auf Rückschlag gefasst

Schließlich hatten sich Branchenvertreter im Vorfeld schon auf einen schweren Rückschlag gefasst gemacht – nämlich, dass die SEC Ether als Wertpapier einstufen könnte. Dies hätte weitaus strengere Auflagen in Begabe und Handel bedeutet und die Aufnahme als Einzel-Asset in einen ETF unmöglich gemacht.

Produktanbieter und Kryptodienstleister erhoffen sich nach dem überraschenden Schritt der SEC nun, dass über Spot-ETFs in weitaus größerem Maß als bisher institutionelle Mittel in Digital Assets fließen – und diese somit vom Nischen- zum etablierten Finanzmarktsegment werden. Sie argumentieren, dass Spot-Produkte im vertrauten ETF-Gewand die Kryptoanlage für Investoren wie Pensionsfonds mit ihren Risikomanagement-Vorgaben vereinbar machen. Zudem gelten Direktvehikel als effizienter als bereits zugelassene Futures-ETFs auf Cyberdevisen, bei denen Preisdifferenzen zum zugrunde liegenden Markt und das Rollen der Kontrakte für hohe Kosten sorgen.

Geduld gefragt

Die Bitcoin-ETFs bescherten Assetmanagern wie Blackrock nach dem Start zu Jahresbeginn tatsächlich binnen kurzer Zeit milliardenschwere Mittelzuflüsse. Dies trieb wiederum den gesamten Kryptomarkt an, Bitcoin erklomm im Juni ein Rekordhoch von über 70.000 Dollar und zog auch kleinere Digitalwährungen mit. Bei Ether müssen sich die Marktteilnehmer aber noch in Geduld üben.

Zwar zog der Kurs der Cyberdevise nach der ETF-Entscheidung Mitte Mai scharf an. Seither stagniert er aber. Denn im Markt hat sich die Erkenntnis verbreitet, dass noch Monate vergehen dürften, bis Spot-Ether-Fonds in den USA verfügbar werden. Schließlich bedeutet die Listing-Freigabe für Börsen nicht automatisch auch grünes Licht für die Produktanträge einzelner Assetmanager, die der SEC vorliegen.

Staking-Komponenten gestrichen

Gleichwohl bringen sich Produktanbieter durch Anpassungen ihrer Dokumente für ihre Launches in Stellung. So haben mehrere Adressen Komponenten aus ihren Anträgen gestrichen, die ihnen ein sogenanntes Staking der in den börsengehandelten Fonds gehaltenen Assets ermöglicht hätten. Dieses stellt ein Kernelement des Proof-of-Stake-Konsensmechanismus dar, auf den das Ethereum-Netzwerk im September 2022 umgestellt wurde.

In dessen Zuge frieren Marktteilnehmer Teile ihrer Ether-Einheiten ein. Nach dem Umfang richtet sich, wer den Zuschlag erhält, um der Ethereum-Chain einen neuen Block hinzufügen zu dürfen. Staker verdienen also Renditen darauf, dass sie Assets hinterlegen und den Fortbetrieb des Netzwerks sichern – die SEC sieht darin allerdings ein mögliches unregistriertes Wertpapierangebot.

Kryptobörsen im Rechtsstreit

Deswegen hatte die Behörde bereits Klagen gegen Kryptoplattformen wie Coinbase oder Kraken angestoßen, die in den USA Staking-Dienste lancierten. Während der erste Konflikt noch läuft, stellte Kraken ihr Angebot zur Ether-Hinterlegung 2023 ein und zahlte im Rahmen eines Vergleichs 30 Mill. Dollar an die Aufsicht.

Die Ratingagentur S&P Global warnte im Vorfeld der ETF-Freigabe unterdessen davor, dass Fonds mit Staking-Komponente zu Konzentrationsrisiken innerhalb des Ethereum-Netzwerks führen könnten. Schließlich könnten diese angesichts der erwarteten Mittelzuflüsse schnell groß genug werden, um die Machtverhältnisse bei der Blockvalidierung massiv zu verschieben. Würden die neuen Adressen gleichzeitig inaktiv, „können keine neuen Blöcke finalisiert werden“, schreiben die S&P-Analysten in einer Studie.

Verpasste Renditechancen

Weil Adressen wie die von Starinvestorin Cathie Wood geführte Ark Invest ihre Staking-Pläne zurückgezogen haben, entgehen ihnen Renditen auf die in den ETFs zu haltenden Assets. Nach Ansicht von Analysten ist dies besonders schmerzhaft, da Vermögensverwalter bei Ether-Produkten laut Marktbeobachtern noch härter um Investoreninteresse ringen müssen als bei Bitcoin-Vehikeln. Dabei verweisen sie auch auf die seit Oktober 2023 handelbaren Futures-ETFs auf die zweitgrößte Cyberdevise, die nur geringe Handelsvolumina verzeichnen.

Die Blicke der Marktteilnehmer richten sich nun darauf, wie die SEC Staking in den kommenden Monaten einstuft und ob entsprechende Komponenten in künftigen ETF-Anträgen eventuell doch Platz haben könnten. Zudem macht die Frage die Runde, ob in den USA auch neue Produkte auf weitere Kryptowährungen grünes Licht erhalten werden und die bisher widerwillige SEC damit ein freundlicheres Digital-Assets-Umfeld schafft. J.P. Morgan zeigt sich allerdings skeptisch: Im Gegensatz zu Bitcoin und Ether stufe die Aufsicht alle anderen Kryptowährungen als unrechtmäßig begebene Wertpapiere ein.

Strengere Töne

Auch andere Behörden schlagen bei digitalen Anlagen strengere Töne an. So hat das US-Finanzministerium in der vergangenen Woche einen Bericht vorgelegt, in dem es auf umfassende Betrugsrisiken im Zusammenhang mit Non-Fungible Token hinweist. Dabei handelt es sich um Kryptowertmarken, mit denen sich Eigentumsrechte an virtuellen Gütern beurkunden und handelbar machen lassen. Der Großteil des seit 2020 stark gewachsenen Marktes basiert auf dem Ethereum-Netzwerk und wird wiederholt zum Treiber der Ether-Transaktionsvolumina. Die Treasury fordert nun indes eine konsequentere Regulierung von NFTs.

Dass das Wetter für Digital Assets in den kommenden Monaten aufklart, ist laut Experten also auch nach dem jüngsten Entgegenkommen der SEC äußerst zweifelhaft. Die neuen Ether-ETFs könnten damit bei ihren Marktstarts also auf einen wesentlich eisigeren Empfang stoßen als die Spot-Vehikel auf Bitcoin.

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