Fußfessel für Big Tech
Regulierung
Fußfessel für
Big Tech
Von Heidi Rohde
Das bei Big Tech über Jahre bewährte Rezept von Zukauf und Skalierung stößt an Grenzen, denn die Kartellwächter zeigen plötzlich Muskeln.
Wenn Microsoft morgen ihre Zahlen für das Weihnachtsquartal präsentiert, sind die Erwartungen hoch gesteckt. Die Ergebnisentwicklung und vor allem der Ausblick werden darüber entscheiden, ob der Konzern in den Augen der Investoren seinem Führungsanspruch bei künstlicher Intelligenz (KI) gerecht wird und den Aufstieg zum wertvollsten Unternehmen der Welt, mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 3 Bill. Dollar, untermauern kann. Bei der innovativen Ausbeute von KI schlägt sich Microsoft allerdings nicht nur gegenüber anderen Tech-Giganten wie Google, Apple oder Amazon. Erstmals scheinen auch die Behörden entschlossen, die Weichen für einen Game-Changer der Digitalwirtschaft frühzeitig zu stellen und die KI-Revolution zu gestalten. Vor allem die Kartellwächter zeigen Muskeln und gehen daran, wettbewerbsgefährdende Praktiken und M&A-Transaktionen zu unterbinden.
Aktueller Warnschuss ist das Veto der EU gegen die von Amazon angestrebte Übernahme von iRobot, die der Konzern in seine Smarthome-Strategie eingliedern wollte. Amazon bläst den Milliarden-Deal ab, nachdem auch die US-Kartellbehörde FTC mit Klage gedroht hatte und offenbar keine Chancen bestehen, die Bedenken der Wettbewerbshüter auszuräumen.
Verdeckte Übernahme
Auch die von Microsoft mit schlappen 10 Mrd. Dollar unterlegte "Partnerschaft" mit dem ChatGPT-Erfinder OpenAI steht bei der EU im Verdacht einer verdeckten Übernahme. Jedenfalls prüft die Kommission, ob eine Investition dieser Größenordnung nicht doch der Fusionskontrolle unterliegen sollte, zumal die Vorgänge bei OpenAI im Zusammenhang mit dem zeitweisen Rauswurf von CEO Sam Altman den Schluss nahelegten, dass Microsoft dort nicht ohne Einfluss ist. Die FTC hat jüngst auch Informationen von den Investoren bei dem ebenso wie OpenAI milliardenschwer bewerteten KI-Start-up Anthropic eingefordert.
Der neue Regulierungseifer soll sicherstellen, dass die KI-Revolution der Digitalwirtschaft zugutekommt und nicht zum Herrschaftsgebiet marktschwerer Technologiekonzerne mit tiefen Taschen wird. Ob dies gelingt, muss sich zeigen, aber diese gehen deshalb mit ganz ungewohnten Fußfesseln ins Rennen. Das über Jahre bewährte Rezept von Zukauf und anschließender Skalierung innovativer Produkte und Technologien, das für die finanzstarken Tech-Riesen einfacher war als für alle anderen Unternehmen, stößt damit an Grenzen, die Sprünge bei Umsatz und Gewinn womöglich auch.