Im BlickfeldErbschaftsflut

Geld verdient. Geld geerbt. Geld weg?

Die Welt wird reicher und die Erben mit ihr. Der Weltvermögensreport der UBS sieht ein noch nie dagewesenes Vermögen, das in den kommenden zwei Dekaden an die nächste Generation übergehen wird. In der Schweiz kommt eine neue heftige Diskussion über eine Erbschaftssteuer in Gang.

Geld verdient. Geld geerbt. Geld weg?

Geld verdient. Geld geerbt. Geld weg?

Schmälern Erben den Wohlstand aller? Schweizer Unternehmer in Alarmstimmung.

Von Dani Zulauf, Zürich

Die Reichen werden reicher, die weniger Vermögenden bleiben zurück. Das Phänomen ist weder neu noch überraschend und wird im aktuellen Weltvermögensreport der UBS im Großen und Ganzen auch bestätigt. Dass die Verteilung der Vermögen in einigen Ländern wie Deutschland oder auch der Schweiz seit 2008 etwas egalitärer geworden ist, wie die jährliche Untersuchung der Bank feststellt, ändert nicht viel an der Tatsache, dass sie in hohem Maß ungleich ist. Eklatant ist die Ungleichheit in den USA, was aufmerksame Zeitgenossen nicht überraschen dürfte. Von den 15 reichsten Menschen der Welt mit Vermögen im dreistelligen Milliardenbereich leben gemäß Forbes neun in den USA. Die US-Milliardäre repräsentieren gemäß UBS rund 40% der Vermögen aller Milliardäre, weltweit. Die Bank erwartet, dass in den nächsten 20 bis 25 Jahren weltweit ein Betrag von 83.500 Mrd. Dollar vererbt werden wird, weit über die Hälfte in den USA.

Papas Milliarden für Hollywood

Als prominentes Beispiel sticht gerade David Ellison, Sohn des Gründers des US-Softwaregiganten Oracle, Larry Ellison heraus. Der 41-jährige Nachkomme von Larry Ellison, der bei Oracle immer noch die Fäden zieht, hat soeben die Übernahme des legendären Hollywood-Filmstudios Paramount angekündigt. Die dafür nötigen 8 Mrd. Dollar dürften zum größten Teil aus der Familienkasse stammen. Forbes schätzt Larry Ellisons Vermögen auf 170 Mrd. Dollar.

Der junge Ellison nimmt mit seinem Erbe ein erhebliches Risiko in Kauf. Paramount zieht im Wettbewerb mit Streamingdiensten den Kürzeren und schiebt einen Schuldenberg in Höhe von 14 Mrd. Dollar vor sich her. David Ellison macht offensichtlich genau das, was vielen Erben nachgesagt wird: Sie setzen das Geld weniger produktiv ein als ihre Vorväter, was für die Gesellschaft eine Wohlfahrtsminderung bedeutet. Im Fall Ellison liegt diese Vermutung besonders nahe, zumal das Geschäftsmodell von Oracle darin besteht, den Unternehmenskunden in puncto Produktivität zu Höchstleistungen zu verhelfen.

Das Produktivitätsargument wird denn auch von den Befürwortern einer Erbschaftssteuerreform ins Feld geführt. Volker Grossmann, Wirtschaftsprofessor an der Schweizer Universität Fribourg behauptet unter Verweis auf empirische Studien, dass Familienbetriebe im Wechsel der Generationen an Produktivität verlieren.

Werde die familieninterne Weitergabe der Betriebe durch den Verzicht auf die Erbschaftssteuer quasi fiskalisch gefördert, würden „eher untalentierte Erben“ vom Staat „buchstäblich bestochen, einen Beruf auszuüben, dem sie ohne die steuerliche Ausnahmeregelung gar nicht nachgehen würden“. Seine Gegner behaupten das Gegenteil und verweisen ihrerseits auf empirische Studien die belegen, dass Unternehmen Arbeitsplätze schützen, wenn sie im Kreis der Familie weitergegeben werden können.

Asset-Management-Kapitalismus

Finale Beweise für die eine oder andere Darstellung gibt es keine. Das Thema wirft in der Schweiz dennoch hohe Wellen, nach dem die Jungsozialisten eine Volksinitiative für eine Erbschaftssteuer auf den Weg gebracht haben. Sie zielt, die im Unterschied zur Vorgängerinitiative aus dem Jahr 2015, auf ganz große Vermögen. Obwohl die erste Initiative an der Urne mit einem Nein-Stimmen-Anteil von über 70% gescheitert war, macht die neue Initiative die Unternehmer nervös. Prominente Namen drohen mit dem Wegzug ins Ausland. Allein diese heftigen Abwehrreaktionen sind ein Indiz, dass eine Erbschaftssteuer kaum das richtige Instrument sein kann, das Geld der Erben in produktive, wohlstandsmehrende Sektoren zu lenken. Eine Erbschaftssteuer nach dem Vorbild der Schweizer Jungsozialisten könnte am Ende anonymen Investmentfirmen mit auswechselbaren Managern in die Hände spielen, wenn sie Firmen leichter erwerben können, die sich aus steuerlichen Gründen nicht mehr vererben lassen. Benjamin Braun vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung spricht von „Blackrock- und Blackstone-Ökonomie“. Er sieht im Aufstieg der Vermögensverwalter eine Veränderung der Machtverhältnisse, welche die Wirtschaftsstruktur in ihrer Gesamtheit beeinflusst. Den USA drohe aufgrund dieser Entwicklung bereits eine ernsthafte Bedrohung des Wettbewerbs. Vielleicht ist das Hollywood-Investment von David Ellison am Ende doch die besser Option.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.