BrĂŒssel

GrĂŒezi oder uf Wiederluege?

Am Freitag wollen die EU und die Schweiz in einem SpitzengesprĂ€ch klĂ€ren, ob das 2018 fertig verhandelte Rahmenabkommen noch eine Chance hat. Bern ist immer noch skeptisch, und BrĂŒssel scheint die Geduld zu verlieren.

GrĂŒezi oder uf Wiederluege?

Glaubt man einigen Schweizer Medien, ist am heutigen Freitag ein „Showdown in BrĂŒssel“ zu erwarten. Der Schweizer BundesprĂ€sident Guy Parmelin hat sich nĂ€mlich heute zu einem Besuch in der belgischen Hauptstadt angekĂŒndigt, und erstmals seit dem Amtsantritt von EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen kommt es damit wieder zu GesprĂ€chen auf höchster politischer Ebene ĂŒber das bereits seit 2018 fertig ausgehandelte neue Rahmenabkommen. Dieser Vertrag soll eigentlich die EU-Schweiz-Beziehungen grundsĂ€tzlich neu regeln. Doch die Schweiz ziert sich noch immer, es zu unterzeichnen. 2019 hat der EU nicht einmal der Entzug der BörsenĂ€quivalenz als Druckmittel genutzt, um die Partner von dem Ergebnis der zuvor jahrelangen Verhandlungen zu ĂŒberzeugen. Seither herrschte weitgehend Funkstille.

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Die Erwartungen an das heutige Treffen sind eigentlich sowohl in BrĂŒssel als auch in Bern gering. In den vergangenen Monaten hat es mehrere GesprĂ€chsrunden zwischen der Schweizer UnterhĂ€ndlerin Livia Leu und StĂ©phanie Riso gegeben, der stellvertretenden Kabinettschefin von der Leyens. Die EU hat in diesen wohl neue VorschlĂ€ge unterbreitet, um die Bedenken der Eidgenossen zu zerstreuen. Nur: Es gab keine Reaktionen. Wie zu hören ist, hat UnterhĂ€ndlerin Riso bei einem Briefing mit den EU-Botschaftern in der vergangenen Woche wohl ein recht negatives Zwischenfazit gezogen. Die Schweiz habe offenbar kein großes Interesse mehr an dem Rahmenabkommen, so ihre EinschĂ€tzung.

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Eigentlich ist die Schweiz heute so eng mit der EU verwoben wie kein anderes Land außerhalb des EuropĂ€ischen Wirtschaftsraums (EWR). Alles begann schon 1972 mit einem ersten Freihandelsvertrag, in dem Zölle fĂŒr Industrieprodukte abgeschafft wurden. Seit 1989 haben Versicherungsgesellschaften gleiche Niederlassungsrechte. Und zehn Jahre spĂ€ter folgte das „Bilaterale I“-Paket, das einen erleichterten Zugang zu den Arbeits-, Produkt- und DienstleistungsmĂ€rkten brachte. Mehr als 100 bilaterale Abkommen regeln mittlerweile den Marktzugang fĂŒr verschiedene Sektoren.

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Andreas Schwab ist Vorsitzender der Schweiz-Delegation im EU-Parlament und eigentlich ein BefĂŒrworter dieses speziellen „bilateralen Wegs“, den die EU so mit keinem anderen Drittstaat geht. Doch die jetzige Schweizer HĂ€ngepartie ist dem CDU-Abgeordneten „peinlich“, wie er gestern einrĂ€umen musste. Die Schweiz mĂŒsse endlich sagen, ob sie das Abkommen ĂŒberhaupt noch wolle, und wenn nicht, wie die bestehenden Grundsatzfragen alternativ geregelt werden könnten. Das Problem: Eigentlich weiß niemand so genau, welche inhaltlichen Kritikpunkte es ĂŒberhaupt noch gibt. 2019 hatte Bern drei „Klarstellungen“ zu den Themen Beihilfen, Lohnschutz und BĂŒrgerrichtlinie gefordert. Danach kam nichts Konkretes mehr. Sowohl EU- als auch Schweizer Parlamentarier rechnen damit, dass ein Kompromiss lediglich bei einer Anwendung der UnionsbĂŒrgerrichtlinie schwierig sein könnte. „Die Positionen, soweit sie öffentlich bekannt sind, liegen sehr nahe beieinander“, stellt auch Schwab fest.

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Vielleicht ist es mehr die Angst vor einem SouverĂ€nitĂ€tsverlust der Eidgenossen, die einer Ratifizierung bisher im Weg gestanden hat, wie einige Experten in BrĂŒssel mutmaßen. Einen Mechanismus, mit dem neue EU-Regeln automatisch auch in der Schweiz Anwendung finden, gab es bisher nicht. Andererseits: Im Schweizer Parlament gab es in jĂŒngster Zeit schon mehrfach VorstĂ¶ĂŸe von EU-Kritikern, die Verhandlungen ĂŒber das neue Rahmenabkommen endgĂŒltig abzubrechen. Diese sind bisher immer gescheitert. Was also macht nun der Schweizer BundesprĂ€sident Parmelin, wenn er heute nach BrĂŒssel kommt? Heißt es „GrĂŒezi“ zu den neuen Beziehungen zur EU? Oder lĂ€uft es auf einen Bruch und ein „uf Wiederluege“ hinaus? Niemand mag dies derzeit prognostizieren.