KommentarWachstumschancengesetz

Gründlich in die Hose gegangen

Das Paket zur Entlastung der Wirtschaft wird noch kommen. Doch der politische Schaden der Verschiebung des Beschlusses zum Wachstumschancengesetz ist immens.

Gründlich in die Hose gegangen

Wachstumschancengesetz

Gründlich in die Hose gegangen

Von Andreas Heitker

Das Paket zur Entlastung der Wirtschaft wird kommen. Doch der politische Schaden der Verschiebung ist immens.

Eigentlich müsste man großen Respekt vor der Agenda haben, die die Bundesregierung am Mittwoch abgearbeitet hat: So hat das Kabinett das Haushaltsfinanzierungsgesetz verabschiedet, hat mit dem wichtigen Zukunftsfinanzierungsgesetz den deutschen Kapitalmarkt gestärkt, hat grünes Licht für die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung gegeben, die Wärmeplanung auf den Weg gebracht, Bürokratieabbau zugunsten der Solarindustrie beschlossen, Regeln im Justizsystem geändert und nebenbei auch noch die Cannabis-Liberalisierung auf den Weg gebracht. Was von der Sitzung der Minister in Berlin aber hängen bleibt und alles andere überschattet, ist die Blockade des Wachstumschancengesetzes, das den Unternehmen eigentlich Steuererleichterungen von durchschnittlich knapp 6 Mrd. Euro in den nächsten Jahren bringen sollte. Die grüne Familienministerin Lisa Paus dachte sich, dass es eine gute Idee sei, mit dem Veto noch einmal die eigene Verhandlungsposition im Bereich der Kindergrundsicherung zu stärken. Sie war es nicht. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zum Start der Sommerpause eigentlich versprochen, dass es nach dem vermasselten ersten Halbjahr mit den unsäglichen koalitionsinternen Debatten um das Heizungsgesetz künftig etwas geräuschloser im Regierungshandeln zugeht. Doch offenbar will die Ampel genau dort weitermachen, wo sie vor gut einem Monat aufgehört hat. Der Neustart der Koalition ist damit erst einmal gründlich in die Hose gegangen. Natürlich: Das Wachstumschancengesetz und die damit verbundenen Entlastungen der Unternehmen werden trotzdem noch zum 1.1.2024 kommen. Daran zweifelt in Berlin niemand. Aber der politische Schaden, den Paus mit ihrem Veto angerichtet hat, wird bleiben und damit auch die grundsätzlichen Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Regierung.

Seit Wochen wird darüber diskutiert, wie man der deutschen Wirtschaft in der aktuell so schwierigen konjunkturellen Lage neue Impulse geben und die Unternehmen zu Investitionen ermuntern kann. Das Maßnahmenbündel des Wachstumschancengesetzes ist hierfür sicherlich nicht das Allheilmittel. Das Problem der hohen Energiepreise wird hier beispielsweise völlig ausgespart. Aber die Verabschiedung des Gesetzes hätte das wichtige Signal in die Wirtschaft senden können, dass die Regierung die Probleme erkannt hat und jetzt konsequent handelt. Diese Chance wurde jetzt vorerst vertan. Und ob die Ampel Ende des Monats bei ihrer Klausurtagung in Meseberg den Neustart schafft, bleibt erst noch abzuwarten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.