KommentarChina-Konjunktur

Gute Laune aus falschem Anlass

Frische Konjunkturdaten aus China sehen weniger schlecht als erwartet aus. Pekinger Stimulus-Aktionen bieten jedoch nur Abstützung in der kurzen Frist.

Gute Laune aus falschem Anlass

Chinas Konjunktur

Gute Laune
aus falschem Anlass

Von Norbert Hellmann

Nach dem Motto „Börse gut – alles gut“ könnte man Chinas Wirtschaftsperspektiven glatt einen satten Vertrauensschub attestieren. Die Wachstumsrate im dritten Quartal stellt sich mit 4,6% etwas höher als erwartet dar, und der Leitindex CSI 300 zog am Freitag gleich mal um 3,5% an. Die flotte Kursreaktion galt allerdings weniger den Konjunkturdaten als der Zentralbank, die ihre neue Kreditfazilität für Aktienstützungskäufe formell in Gang setzte. Dann ließ sich der Staatspräsident mit salbungsvollen Worten zur förderwürdigen Bedeutung des Technologiesektors zitieren. Das war genug für einen deftigen Kursauftrieb im Nachmittagshandel.

Ablenkungsmanöver

Die chinesische Regierung hat im September mit einer Reihe von Stimulus-Aktionen eine gewaltige Aktienhausse losgetreten. Nun gilt es, den Anlegern in einer Dauerschleife neue verbale Häppchen vorzulegen, die sie bei Laune halten. Das Ablenkungsmanöver scheint recht gut zu funktionieren, denn der Auftrieb an der Börse steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Aufschwungspotenzial der Wirtschaft.

Ja, es gibt Hoffnungswerte, weil das Wachstum der Industrieproduktion im September wieder zulegen konnte und auch der Einzelhandel weniger schlecht als in den Monaten zuvor abschnitt. Dahinter stehen aber in erster Linie Subventionsleistungen und Abwrackprämien, die man der Kategorie Einmaleffekte zuordnen kann. Andere Wirtschaftsdaten zu Außenhandel, Inflationsentwicklung und Immobilienmarktverfassung geben indes keinen Anlass zum Jubel.

Etappenziel in Sicht

Peking hat einige Hebel in Bewegung gesetzt, die für Unterstützung sorgen und ausreichen könnten, das diesjährige Wachstumsziel bei 5% irgendwie noch knapp zu erfüllen. Damit kann die Etappe 2024 gesichtswahrend gemeistert werden, mehr aber nicht. Aus der bisherigen Stimulus-Offensive ist nicht erkennbar, wie im kommenden Jahr ein von strukturellen Problemen bedingter schleichender Wachstumsverlust verhindert werden kann. Momentan rechnen die Ökonomen mit nur noch 4,5%. Für fundamental abgestützte Kursfantasie an Chinas Börsen gibt es nach wie vor wenig Anlass.

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