Notiert inBerlin

Herzstück KaDeWe

Die Insolvenz des KaDeWe trifft viele Berliner bis ins Mark. Das Kaufhaus ist für sie ein Herzstück. Das KaDeWe führt nicht nur Luxus, es ist eine sichere Bank für Einkäufe in allen Lebenslagen.

Herzstück KaDeWe

Notiert in Berlin

Herzstück KaDeWe

Von Angela Wefers

Die Nachricht über die Insolvenz des Kaufhauses KaDeWe hat viele Berliner bis ins Mark getroffen. In der französischen Konditorei um die Ecke kaufte dieser Tage ein Kunde eine der wie gemalten Himbeertorten mit der Bemerkung: „Ich komme nun jede Woche – das KaDeWe ist ja pleite“. Der bekannte Pâtissier, der heute in Berlin Deliziöses aus der Normandie anbietet, hatte einst selbst im KaDeWe gewirkt. Immerhin ein kleiner Trost.

Der Ruf des KaDeWe hallt weit über die Hauptstadt hinaus. Das Kaufhaus ist eine touristische Attraktion. Es ist aber viel mehr. Für die Berliner ist es ein Herzstück. Nicht nur die 6. Etage mit ihren Fressalien zieht besonders an Samstagen die heimische Bevölkerung an. Auch auf anderen Etagen bietet das KaDeWe Außergewöhnliches: Qualität, Vielfalt und beste Beratung des Fachpersonals. Wer etwa eine banale blaue Strickjacke sucht, findet hier garantiert eine. Das KaDeWe führt nicht nur Luxus, es ist eine sichere Bank für Einkäufe in allen Lebenslagen.

Seine Gitter hat das Spitzenkaufhaus keineswegs für immer geschlossen, auch wenn unser Himbeertorten-Freund darauf beharrte. Im Hintergrund streiten sich die Eigentümer, die thailändische Central Group und ein Unternehmen der ebenfalls insolventen Signa-Gruppe des österreichischen René Benko. Die Insolvenz in Eigenverwaltung des KaDeWe ist auf Weiterführung angelegt. Das Verfahren erlaubt es dem umsatzstarken Kaufhaus, aus Verträgen mit überhöhten Mieten auszusteigen. Die endgültige Gläubigerversammlung ist für Mitte März anberaumt.

Im Sortiment zeigen sich aber schon Spuren. „Stände verwaist, Regale geräumt“, titelte der regionale „Tagesspiegel“. Die Kosmetikhersteller im Erdgeschoss, Lancôme und Kiehl’s, hatten am Donnerstag ihre Waren weitgehend eingepackt. Die Marken gingen raus, hieß es dazu nur. Auch der Schmuckproduzent Thomas Sabo im 3. Stock scheint dem KaDeWe den Rücken zu kehren, hat aber noch zwei andere Filialen in Berlin. In der Haushaltswarenabteilung waren Stände verschiedener Marken mit Bändern und dem Hinweis abgesperrt, der Verkauf sei „aus technischen Gründen“ nicht möglich.

Die Geschäftsführung ist zuversichtlich, dass es weitergeht. Dies bremst aber nicht alle Politiker mit Ideen. Die Linke im Bundestag wartete mit einem Sieben-Punkte-Plan zur Signa-Pleite auf und warf Benko vor, ungestraft Geld aus Unternehmen zu ziehen. Linken-Parteichef Martin Schirdewan plädierte für eine Überführung der Grundstücke in die öffentliche Hand. Er hat auch schon eine neue Verwendung parat: Sie könnten als „dringend benötigte Sorgezentren“ fungieren – und medizinische Versorgung, Pflege, Kinderbetreuung, Bibliotheken, Theater, Sozialberatung und Nachbarschaftszentren integrieren. So weit wird es mit dem Berliner Herzstück aber wohl hoffentlich nicht kommen.

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