Paris

Himmlische Schauspiele

Die Regierung hat französische Gemeinden aufgefordert, öffentliche Silvesterfeiern abzusagen. Für Feuerwerksspezialisten ist das ein harter Schlag, auch wenn sie 90% ihrer Shows im Sommer zünden.

Himmlische Schauspiele

Die weihnachtliche Festbeleuchtung bleibt, doch die Silvesterfeier auf den Champs-Élysées ist abgesagt. Die Stadtverwaltung von Paris hat sich entschieden, auf das traditionelle Feuerwerk und ein auf dem Prachtboulevard geplantes Konzert zu verzichten, nachdem Premierminister Jean Castex Bürgermeister französische Gemeinden gebeten hatte, wegen des starken Anstiegs der Infektionen auf öffentliche Silvesterfeiern zu verzichten. Normalerweise feiern 300000 bis 600000 Menschen den Jahreswechsel auf den Champs-Élysées. Sie hatten bereits im letzten Jahr darauf verzichten müssen, da Frankreich während der zweiten Welle eine nächtliche Ausgangssperre verhängt hatte.

Im Gegensatz zu Deutschland hat die private Böllerei in Frankreich bis auf ostfranzösische Regionen wie dem Elsass keine Tradition. Viele Städte haben sie aus Brandschutzgründen ohnehin verboten. Entsprechend gibt es auch keine Sonderverkaufsstände mit Böllern und Raketen in den Supermärkten.

Andere Städte dürften Paris folgen und nun ebenfalls die öffentlichen Feuerwerke an Silvester absagen. Für die französischen Feuerwerksspezialisten ist das ein neuer Rückschlag, auch wenn normalerweise 90% der Feuerwerke in Frankreich während des Sommers veranstaltet werden – zur Feier des 14. Juli oder bei speziellen Veranstaltungen in den Parks von Schlössern und anderen Sehenswürdigkeiten.

Die Covid-19-Pandemie hat die Branche hart getroffen. Nach Angaben des Berufsverbandes Syndicat des Fabricants d’Explosifs de Pyrotechnie et d’Artifice (Sfepa) ist der Umsatz der Feuerwerksveranstalter 2020 um 90% eingebrochen, da öffentliche Veranstaltungen mit mehr als 5000 Teilnehmern im Sommer vergangenen Jahres verboten waren. Trotz staatlicher Hilfen hätten sie Verluste verbucht, die 40% eines normalen Jahresumsatzes entsprächen, erklärt der Verband. Denn obwohl die meisten Unternehmen auf Kurzarbeit zurückgegriffen haben, sind hohe Kosten für Sicherung und Lagerung der Feuerwerkskörper angefallen.

Die meisten französischen Feuerwerksspezialisten stellen so wie Ruggieri aus dem südlich von Toulouse gelegenen Muret keine eigenen Raketen mehr her. Der 1739 gegründete europäische Marktführer importiert stattdessen die Feuerwerkskörper und kreiert damit am Computer eine spezielle Show. Diese wird dann von rund 20 Lizenzpartnern in Frankreich gezündet, denn Ruggieri selber führt nur noch die wichtigsten Feuerwerke in Paris, Toulouse und Carcassone selber durch.

Der Feuerwerksspezialist, der seit 1997 zur Etienne Lacroix-Gruppe gehört, kam 2019 vor Ausbruch der Pandemie auf einen Umsatz von 30 Mill. Euro. Die Hälfte davon macht er normalerweise im Ausland, vor allem im Mittleren Osten und Asien, wo er Tochtergesellschaften hat. Der von den Erben des Firmengründers geführte Mutterkonzern wiederum kam als Systemhersteller von Pyrotechnik für die Verteidigungs- und Luftfahrtindustrie, Sicherheitskräfte und Privatpersonen letztes Jahr auf einen Umsatz von 126 Mill. Euro. Er produziert nicht nur Sprengstoffe, mit denen die Bergwacht Lawinen auslösen kann, oder Leuchtraketen, mit denen in Seenot geratene Schiffe Notsignale absetzen können, sondern auch Plastikelemente und elektromagnetische Köder. In den Vereinigten Arabischen Emiraten wird Ruggieri auch zu diesem Jahreswechsel wieder spezielle Feuerwerk-Shows veranstalten.

Dort sorgt ein ebenfalls aus dem Südwesten stammendes Start-up jeden Abend für ein anderes Schauspiel am Himmel der Expo in Dubai. Dronisos lässt dafür hunderte von Drohnen aufsteigen und mit Leuchtpunkten Bilder malen. Das 2016 in Bègles bei Bordeaux gegründete Unternehmen hat dafür 15 seiner rund 35 Mitarbeiter nach Dubai geschickt und den ganzen Sommer über geprobt. Das Schwierigste seien die hohen Temperaturen, denen die Drohnen standhalten müssten, berichtet Mitgründer Jean-Dominique Lauwereins. Wie Ruggieri ist Dronisos Marktführer in seinem Bereich in Europa. Das Start-up macht einen Großteil seines Geschäfts im Ausland und hat nun nach Orlando in Florida auch ein Büro in Dubai eröffnet. Es hofft, dass ihm die abendliche Show auf der Expo weitere Aufträge aus dem Mittleren Osten einbringt.